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Durchsuchungen im Fußball: DFB: "Das hat uns schockiert"

Nach den Durchsuchungen in den Frankfurter Zentralen: Der DFB ist vergräzt und erwägt eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Die DFL schweigt sich aus. Die Kartellbehörde hat die TV-Vermarktung schon seit längerem im Visier.

Unterschiedlich reagierten am Mittwoch die ins Visier des Bundeskartellamts geratenen Dachverbände des deutschen Fußballs auf die Hausdurchsuchungen in ihren Frankfurter Zentralen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will laut Generalsekretär Wolfgang Niersbach "alle rechtlichen Mittel ausschöpfen und einen externen Anwalt für Kartellrecht hinzuziehen". Niersbach: "Die beschlagnahmten Unterlagen haben Null-Brisanz. Es geht eher gegen minus eins. Die hätte ich ihnen jederzeit fotokopieren können." Der DFB, der die Verhältnismäßigkeit des Vorgehens scharf verurteilte, erwägt eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die ermittelnde Behörde.

Am Dienstag hatten drei Vertreter des Kartellamts und zwei Kripo-Beamte bei einer vom Amtsgericht Bonn angeordneten Durchsuchung der DFB-Geschäftsräume Unterlagen beschlagnahmt. Es bestehe der Verdacht "wettbewerbsbeschränkender Absprachen", hatte eine Sprecherin des Kartellamts in Bonn erklärt. Auch bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) wurden Geschäftsräume durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt. Die DFL wollte am Mittwoch keine Stellungnahme abgeben. Michael Vesper, der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), kritisierte die Maßnahme der Behörde. "Ich finde sowohl das Vorgehen als auch den Vorwurf gleichermaßen unverständlich. Denn DFB und DFL sind eine Einheit und keine Konkurrenten. Es ist geradezu absurd, da ein Konkurrenzverhalten hineinzudichten", sagte Vesper.

Noch keine Erkenntnisse durch die Durchsuchungen

Das Bundeskartellamt zog noch keine Erkenntnisse aus den Durchsuchungen. Das Material sei jetzt erst einmal in Bonn und werde nun ausgewertet, sagte die Sprecherin. Unabhängig von diesem Verfahren sei die Fernsehvermarktung bereits seit längerem Gegenstand der Untersuchung. Laut DFB hatte die Kartellbehörde erklärt, dass die angeordnete Durchsuchung in keinem Zusammenhang mit den aktuellen TV-Ausschreibungen der DFL steht".

Auslöser der Aktion war offensichtlich ein Bericht der "Sport- Bild" vom 4. April 2007 über einen Konflikt zwischen dem Bundesligaklub Bayer 04 Leverkusen und dem DFB um Leverkusens Sponsor RWE. Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, vom 15. März bis 7. August Interims-Präsident des Ligaverbandes, war so zitiert worden: "Es kann nicht sein, dass DFB und Ligaverband oder auch seine Vereine sich gegenseitig Konkurrenz bei Sponsoren-Verhandlungen machen."

Niesbach: "nicht nachvollziehbar"

Im selben Beitrag hatte DFB-Präsident Theo Zwanziger die Einrichtung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe verkündet, "die verhindern soll, dass sich DFB und Liga auf dem Sponsorenmarkt ins Gehege kommen". Dazu sagte Holzhäuser: "Dass die Bildung einer Arbeitsgruppe per se eine Ordnungswidrigkeit darstellen soll, kann ich mir nicht vorstellen. Den Vorgang an sich kann ich nicht bewerten, weil ich keine Einzelheiten kenne." Die damalige Forderung der Liga habe sich auf die Frage bezogen, ob und inwieweit der DFB von seinen Sponsoring-Einnahmen den Vereinen etwas abgeben solle. "Das ist zwischenzeitlich im Grundlagenvertrag zwischen DFB und DFL zumindest ansatzweise geregelt", meinte Holzhäuser.

Niersbach sagte, "dass man 10 Monate braucht, um sich zu erkundigen, ist schon aberwitzig". Wenn auf jeden vagen Verdacht hin eine Ordnungswidrigkeit von einer Hausdurchsuchung begleitet werde, "hätten die Behörden viel zu tun. Das hat uns schockiert", so Niersbach. Der Ligaverband sei Teil des DFB und es bestehe ständiger Informationsaustausch. "Wir arbeiten in gemeinsamen Gremien. Da gibt es eine totale Transparenz und nicht die Spur von Geheimhaltung. Wir tauschen uns mit der DFL sowohl in Marketing- und Fernseh-Angelegenheiten wie in Fragen der Sicherheit aus", meinte Niersbach im DSF. Zwanziger sagte der Zeitung "Die Welt": "Was in diesem Staat passiert, ist nicht mehr nachvollziehbar. Wo kommen wir denn da hin, wenn in Zukunft jeder Verkehrsteilnehmer wegen eines Ordnungswidrigkeits-Verfahrens mit Hausdurchsuchung rechnen muss?"

Reinhard Schwarz[dpa]

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