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Viel Rauch um Dynamo. Oft raucht es auf den Rängen, wenn die Dresdner spielen.

© dpa

Dynamo Dresden: Die Last der Ränge

Oft raucht es auf den Tribünen, wenn Dynamo spielt: Kaum ein Verein in Deutschland leidet derart unter Teilen seiner Fans wie der Klub aus Dresden.

Eine Million Euro. Auf diese Summe schätzt Christian Müller den Schaden. Der Geschäftsführer des Zweitligisten Dynamo Dresden sagt: „Das ist eine wirtschaftlich einschneidende Bestrafung.“ Er meint das Urteil vom Montagabend, gefällt durch das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Demnach darf Dynamo Dresden in der kommenden Saison nicht im DFB-Pokal antreten, weil Teile der Fans vor zwei Monaten beim Pokalspiel der zweiten Runde bei Hannover 96 zum wiederholten Male durch Randale aufgefallen sind.

Der finanzielle Verlust ist das eine. Sachsens Innenminister Markus Ulbig regte Konsequenzen an: „Die Vereine und die Mehrheit der Fans müssen sich von diesen Chaoten nicht nur klar distanzieren, sie sollten auch über Schadensersatz nachdenken“, sagte Ulbig. Auf der anderen Seite steht ein enormer Imageschaden. Es sind mal wieder wenig erfreuliche Zeiten, die der Fußballverein Dynamo Dresden gerade durchlebt. Sportlich läuft es nicht, in der Zweiten Liga ist die Mannschaft Drittletzter. Am Sonntag wurde Trainer Ralf Loose nach der Weihnachtsfeier entlassen. Und dann der ständige Ärger, den einige Fans regelmäßig verursachen.

Es gibt nicht viele Vereine im deutschen Fußball, die derart unter den eigenen Anhängern leiden wie Dynamo Dresden. Dabei verfügt der Verein über riesiges Potenzial. Das neue Stadion ist meistens voll, Dynamo gehört in der Zweiten Liga zu den Vereinen mit den meisten Zuschauern. Als Dynamo um die Jahrtausendwende bis in die vierte Liga abstürzte, stellte der Klub einen Zuschauerrekord nach dem nächsten auf. Manchmal kamen 10 000 Fans zu den Spielen in der Oberliga.

Die Begeisterung für den Fußballverein ist tief in der Stadt verwurzelt, Dresden ist ein traditioneller Fußballstandort. In der DDR zählte Dynamo zu den erfolgreichsten Vereinen und erfreute sich auch außerhalb Sachsens großer Beliebtheit. Viele sympathisieren mit Dresden, weil der Verein als einer der wenigen sportlich mit dem von der Sportpolitik protegierten BFC Dynamo aus Berlin mithalten konnte. Regelmäßig nahm man am Europapokal teil. Es gab Spiele gegen den FC Bayern München , Liverpool und Juventus Turin.

Zur Wendezeit traten dann die ersten größeren Probleme mit den eigenen Anhängern auf. Bei der bis heute letzten Europapokal-Teilnahme in der Saison 1990/91 kam es im Rückspiel gegen Roter Stern Belgrad zu schweren Ausschreitungen. Beim Stand von 1:2 musste das Spiel abgebrochen werden, Dresden wurde in der Folge für den internationalen Wettbewerb gesperrt.

In den Neunzigern versank der Verein unter Führung des hessischen Bauunternehmers Rolf-Jürgen Otto im Chaos, nach drei Jahren in der Bundesliga wurde Dresden 1995 wegen finanzieller Schwierigkeiten die Lizenz entzogen. Dynamo wurde in die Dritte Liga strafversetzt – ein ungewöhnlich hartes Urteil, das bis heute auf Kritik stößt. „Dresden wurde als einziger Verein von der Ersten in die Dritte Liga heruntergestuft. Jetzt wird Dresden als erster Verein aus dem DFB-Pokal ausgeschlossen. An Dynamo wird wieder ein Exempel statuiert“, sagte Eduard Geyer dem Tagesspiegel. Geyer war erst als Spieler und später als Trainer viele Jahre für Dynamo aktiv.

Anfang 2012 hieß es schon einmal, Dresden werde ungewöhnlich hart bestraft. Dynamo war für die aktuelle Saison wegen früherer Ausschreitungen gesperrt, das Bundesgericht des DFB wandelte das Urteil im Februar jedoch in eine Strafe von 100 000 Euro und einem Geisterspiel in der Zweiten Liga um.

Dieses Mal wird wohl nichts umgewandelt. Der Verein überlegt sogar, ob er überhaupt in Berufung gehen sollte. Die Aussichten auf Erfolg sind gering. Das Bundesgericht hatte den Verein damals ausdrücklich gewarnt. Sollte es erneut zu Ausschreitungen kommen, werde der Verein vom Pokal ausgeschlossen.

Auch deshalb halten einige Fans eine Berufung von vornherein für sinnlos. Im Internet haben sie eine Gruppe gegründet, „6 dynamische Heimspiele sind geiler als der DFB-Pokal 2013/14“. Sie fordern, dass der Verein immer dann Freundschaftsspiele gegen internationale Gegner austrägt, wenn die anderen Klubs im DFB-Pokal spielen. Das wäre gleichzeitig eine Möglichkeiten, den finanziellen Schaden zu reduzieren. Auch wenn eine Million Euro dabei nur schwer zusammenkommen dürfte.

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