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Sport: Eckige Fahrt, rundes Gold

Nach dem Sieg im Zweierbob triumphiert André Lange mit seiner Crew auch im Viererbob – trotz kleiner Probleme im letzten Lauf

Die letzte Fahrt wirkte ein bisschen ungelenk. Etwas eckig lenkte André Lange seinen Viererbob durch den Eiskanal von Cesana Pariol. Doch das machte am Ende nichts, schließlich hatte Lange mit seiner Crew – René Hoppe, Kevin Kuske und Martin Putze – in den ersten drei Läufen ausreichend Vorsprung auf die Konkurrenz herausgefahren. Und so triumphierte Lange nach dem Goldgewinn im Zweierbob auch im Viererbob: Am Ende siegten die Deutschen mit 13 Hundertstelsekunden Vorsprung vor den vier Russen Alexander Subkow, Filipp Egorow, Alexej Seliwerstow und Alexej Wowoda. Der Schweizer Martin Annen mit der anschubstärksten Mannschaft – Thomas Lamparter, Beat Hefti und Cedric Grand waren noch im Team – freute sich über die Bronzemedaille. René Spies aus Winterberg belegte mit seinem Team Christoph Heyder, Enrico Kühn und Alexander Metzger mit 0,62 Sekunden Rückstand den fünften Rang.

Der am Start so ruhig wirkende Mann wurde im Ziel gerührt, winkte den Fans zu, André Lange war aber im ersten Moment nicht fähig, klare Aussagen zu machen. „Fragt mich nichts“, bat er die wartenden Reporter und schob einige kurze Sätze hinterher. „Ich kann nichts sagen. Im Moment bin ich eigentlich nur sprachlos. Es sackt gerade. Ich muss jetzt weg.“ Nachdem er das gesagt hatte, verschwand Lange mit Tränen in den Augen im Mannschaftsraum.

Der Erfolg von Lange ist durchaus ein historischer. Nur vier Piloten in der Geschichte ist bisher der Olympiasieg im Zweier- und Viererbob gelungen: Anderl Ostler aus Garmisch-Partenkirchen 1952 in Oslo, dem Italiener Eugenio Monti 1960 und 1968, dem DDR-Piloten Meinhard Nehmer 1976 und Wolfgang Hoppe 1984.

Im Viererbob beherrscht André Lange seit über vier Jahren die internationale Szene. Neben dem Olympiasieg von 2002 stehen noch fünf Weltmeistertitel in der Siegesliste des Thüringers aus Suhl. 2000, 2002, 2003, 2004 und 2005 gewann er den Weltmeistertitel. Lediglich im Jahr 2001 hatte ihn der inzwischen inaktive Christoph Langen auf den zweiten Platz verwiesen. Im Kampf um die Hundertstelsekunden ist der 32-jährige Lange nahezu perfekt. Er stößt ganz, ganz selten im Eiskanal an – da war die letzte Fahrt am Sonntag eine Ausnahme. Die Schubkraft von Langes Crew ist gewaltig, die Technik seines Schlittens aus der Berliner Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) ist in der Szene einmalig. Der Konkurrenz bleibt bei derlei gebündeltem Perfektionismus nur Silber, Bronze und ein bisschen Neid.

Seit seinem achten Lebensjahr saust André Lange schon durch die Eiskanäle dieser Welt, erst als Rodler, seit 1993 dann auf dem Vordersitz von Zweier- und Viererbobs mit der Vorliebe für extrem schwierige Strecken, die sein besonderes Gespür für Kurventechnik herausfordern – wie die 1435 Meter lange Olympiabahn in Cesana Pariol mit ihren 19 Kurven und 114 Metern Höhenunterschied. „Von der ersten Minute an hatten die Bahn und ich ein besonderes Verhältnis aufgebaut“, sagte Lange später. „Es gibt so Bahnen: Da kommt man hin, fährt runter und es stimmt. Ich bin hier von Anfang an mit einem breiten Grinsen gefahren.“

Schon nach dem ersten Lauf lag André Langes Bob vorn, wenn auch nur die Winzigkeit von 0,02 Sekunden vor Alexander Subkow. Im zweiten Durchgang am Freitag wuchsen die Hundertstel auf 0,13 vor Martin Annen und auf 0,17 vor Subkow an.

Am Tag der Entscheidung demonstrierte der Thüringer sofort im dritten Lauf Schweizern, Russen, Kanadiern und Amerikanern, dass sie keine Chance auf Gold haben. 0,24 Sekunden vor Subkow, 0,33 vor Annen, 0,42 vor dem Kanadier Pierre Lueders, 0,56 vor Spies. So ging André Lange ins Finale – in den einzigen Lauf, in dem er nicht der Beste sein sollte. Subkow und seine Crew war 0,11 Sekunden schneller. Das war ein Achtungserfolg – und nicht mehr: Den Sieg von André Lange konnten die Russen nicht gefährden.

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