zum Hauptinhalt

Sport: „Effenberg muss sich unterordnen“

Wolfsburgs neuer Trainer Jürgen Röber über seinen Mittelfeldstar, das lange Warten auf einen Job und seine Ziele mit dem VfL

Herr Röber, wann haben Sie denn das letzte Mal mit Bernd Pischetsrieder gespeist?

Mit dem VWChef? Dazu hat sich noch keine Gelegenheit ergeben. Es gibt zu viel zu tun, wir müssen diese Saison ordentlich zu Ende bringen. Aber ich werde in Zukunft häufiger mit der Chefetage zu tun haben, wenn es um wichtige Investitionen in die Mannschaft geht. VW hat mit dem VfL Wolfsburg große Dinge vor.

Wie große Dinge?

Mein Vertrag läuft bis 2006. Bis dahin müssen wir uns im internationalen Geschäft festsetzen und zur Champions League mindestens den Kontakt herstellen.

Das wird teuer.

Ja, wir müssen die Mannschaft verstärken. Zur nächsten Saison wollen wir drei, vier richtige Klasseleute holen. Wir müssen uns verjüngen. Die Mannschaft ist zu alt.

Ihr Star Stefan Effenberg wird im Sommer 35 Jahre alt. Sein Vertrag läuft nach dieser Saison aus. Sie müssen entscheiden, ob Sie mit ihm weiterarbeiten wollen.

Das ist eine von mehreren wichtigen Personalentscheidungen, die ich jetzt treffen muss. Stefan ist ja hier in Wolfsburg das Thema Nummer eins, aber ich muss mir erst einmal ein Bild von ihm machen. Als ich hierher kam, war er verletzt, er macht bisher nur Lauftraining und wird erst in der nächsten Woche ins Mannschaftstraining einsteigen.

Das klingt nicht gerade begeistert.

Da verstehen Sie mich falsch. Diese Mannschaft braucht einen Effenberg. Er ist jemand, der auf dem Platz zeigen kann, wo es langgeht. Wenn er fit ist, dann ist er ohne Wenn und Aber eine Verstärkung. Aber nur dann. Fitness ist meine Bedingung.

Ihrem Vorgänger Wolfgang Wolf wird nachgesagt, er habe Effenberg zu viele Privilegien eingeräumt.

Ich bin hier mal gefragt worden: Würden Sie den Effenberg auch auswechseln? Ja, was ist denn das für eine Frage! Wenn er nicht mehr weiter kann, dann nehme ich ihn natürlich runter. Da ist mir doch egal, ob das ein Effenberg ist oder nicht.

Effenbergs Kollegen sind von seiner Defensivarbeit nicht gerade begeistert.

Von Spielern mit überragenden Fähigkeiten im Spiel nach vorne verlange ich nicht, dass sie hundert Prozent nach hinten geben. Stefan muss nicht immer rennen und grätschen. Aber natürlich kann eine Mannschaft sich nicht einen Spieler erlauben, der nach hinten gar nicht arbeitet. Das akzeptieren die anderen irgendwann nicht mehr. Wir machen hier einen Mannschaftssport.

Wie ist die Akzeptanz von Stefan Effenberg in der Mannschaft?

Eigentlich ganz gut. Es gibt natürlich immer Spieler wie Miroslav Karhan …

…den Mann, der vor Effenberg Kapitän war…

…die sagen, dass es ihnen mit Leuten wie Stefan keinen Spaß mehr macht. Sorry, der Miro ist ein guter Fußballer, aber auf dem Platz bekommt er den Mund nicht auf. Effenberg polarisiert, der macht Zoff, aber er sagt auch, wo es langgeht. Trotzdem muss er sich unterordnen.

Effenberg hat Bayern München zum Sieg in der Champions League geführt. Jetzt soll er sich beim VfL Wolfsburg unterordnen?

Ob er dazu bereit ist, das werden die nächsten Wochen zeigen. Da werde ich mich mit ihm unterhalten. Er hat da ja sehr klare Vorstellungen. Diese Geschichte mit dem HSV, der ihn angeblich für die kommende Saison haben wollte, die hat er sehr clever eingefädelt, sodass der VfL Wolfsburg plötzlich unter Zugzwang stand. Aber es ist nicht mehr so, dass beim VfL alle pro Effenberg sind, nur weil der etwas Farbe hier reingebracht hat.

Haben Sie diese Farbe vermisst? Man hat Sie vor Ihrem Engagement in Wolfsburg selten gesehen in den Bundesligastadien.

Das war eine bewusste Entscheidung. Ich gehöre nicht zu denen, die sich auf die Tribüne setzen und sich präsentieren, wenn es irgendwo nicht läuft. Das war schon hart, im letzten Jahr habe ich mir mehr als einmal gedacht: Du bist genau im falschen Augenblick rausgeflogen. Die Vereine planen langfristiger mit ihren Trainern, verstehen Sie mich nicht falsch, das ist ja eine positive Sache, aber irgendwo bis du auch Egoist und wartest darauf, dass ein Job frei wird. Und dann passiert einfach nichts. Über ein Jahr lang. Und irgendwann kriegst du genug von den vielen Reisen, und Golf hast du auch genug gespielt, du willst einfach wieder arbeiten.

In Wolfsburg hätten Sie doch schon viel früher einsteigen können.

Es gab eine Anfrage im Herbst 2001. Es hat damals nicht geklappt, weil ein paar Details im Umfeld nicht gestimmt haben. Außerdem habe ich gesagt: Solange Wolfgang Wolf hier einen Vertrag hat und weiter arbeiten will, ist das kein Thema für mich. Dann war ich in Hamburg kurz davor. Wenn Kurt Jara damals noch ein Spiel verloren hätte, wäre ich zum HSV gegangen. Und Schalke wäre was gewesen, das war ja auch in den Zeitungen zu lesen, da lieben mich die Leute, weil ich aus der Gegend komme, aus Essen.

Schalkes Manager Assauer hat gesagt: Solange ich in Schalke bin, wird der Röber hier nicht Trainer.

Das hat mich sehr verletzt, auch wenn er sich später dafür entschuldigt hat. Ich habe mit Rudi vier Jahre in Bremen zusammengespielt, wir haben gemeinsame Freunde, da kann er so etwas nicht machen.

Mit ihrem jetzigen Trainer Frank Neubarth sind die Schalker nicht gerade glücklich.

Ich verstehe auch nicht, was Rudi Assauer sich dabei gedacht hat. Wenn ich einen hole wie den Neubarth, der ja schon bei den Amateuren von Bremen große Probleme hatte, dann muss ich doch wissen, dass ich mir Ärger ins Haus hole. Ich sehe da eine bedenkliche Entwicklung: einen starken Manager, der seinem Trainer reinreden will.

Wie in Leverkusen, wo Thomas Hörster neben der Überfigur Reiner Calmund auch nicht gerade einen souveränen Eindruck macht?

Ach, der Tommy, der hat es nicht leicht. Er verkauft sich halt in der Öffentlichkeit nicht besonders gut, jetzt wirft man ihm vor, dass er kein Charisma hat. Na ja. Aber er hat leider auch Fehler gemacht. Er hätte nie sagen dürfen: Wir schenken die Champions League her. Damit hat er die Spieler verunsichert und die Spannung herausgenommen. Dieser Fehler ist nicht wieder gutzumachen. Aber wer weiß, ob das seine Meinung war, oder ob man ihm die nicht eingeflüstert hat.

In Leverkusen war auch Ihr Nachfolger bei Hertha im Gespräch.

Falko Götz? Der hat doch jetzt seinen Lieblingsverein gefunden, 1860 München. Ich habe seit meiner Trennung von Hertha nichts mehr von ihm gehört. Im Gegensatz übrigens zu Herthas jetzigem Trainer Stevens und Manager Hoeneß. Zu beiden habe ich ein sehr gutes Verhältnis.

Zu Götz nicht?

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich hänge der Sache mit Hertha nicht mehr nach, es war nach einer so langen Zeit richtig, dass wir uns damals getrennt haben. Dieser Schritt war überfällig. Ich bin auch nicht böse, dass der Falko mich damals beerbt hat.

Aber …

… ich kenne ihn lange genug, ich weiß, was für Sachen bei seinen früheren Klubs Leverkusen und Saarbrücken gelaufen sind. Ich weiß auch, dass er sich bei meinen schlechteren Phasen in Berlin schon angeboten hatte.

Den Job bei 1860 hat er bekommen, weil er dem Vereinspräsidenten Wildmoser bei der 0:6-Niederlage in Berlin zufällig im VIP-Raum über den Weg gelaufen ist und ihm zufällig eine perfekte Fehleranalyse geliefert hat.

Diese Zufälle kenne ich. Aber ich will das nicht verurteilen. Alles, was Falko gemacht hat, ist legitim. Jeder versucht halt, das Beste für sich herauszuholen.

Das Gespräch führten Sven Goldmann und Michael Rosentritt.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false