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Sport: Ehrgeizig wie eh und je

Martina Navratilova hört auf und hat viel vor

An der Aufgabe, den richtigen Zeitpunkt zu finden, um die Sportlerkarriere zu beenden, sind viele Stars gescheitert. Basketballer Michael Jordan zum Beispiel oder Boxer wie Mike Tyson, George Foreman und jetzt auch Henry Maske. Die Welt ist voll von ehemaligen Sporthelden, die ihre eigene Legende demontieren, weil sie unter Entzug von Ruhm und Anerkennung leiden. Auf den ersten Blick bildet Martina Navratilova da keine Ausnahme. Im Oktober feiert sie ihren 50. Geburtstag, aber trotzdem läuft sie noch für Geld in kurzen Röcken gelben Filzbällen hinterher. Nicht mehr im Einzel, aber im Team mit weiblichen und männlichen Partnern und ehrgeizig wie eh und je.

Doch nach den US Open, wo sie noch einmal im Doppel und im Mixed antritt, soll nun Schluss sein. Nach 33 Jahren Profitennis spielen die Knie nicht mehr mit, der persönliche Zeitplan ist zu dicht gedrängt, und mittlerweile, bekennt Navratilova lachend, habe sie mehr Falten als Titel. Wenn sie sich da mal nicht verzählte. 167 hochkarätige Einzelfinales gewann sie, 177 als Doppelspielerin, das letzte im August beim Rogers Cup in Montreal an der Seite der 26 Jahre jüngeren Russin Nadja Petrowa. Und sie wäre nicht sie selbst, wenn sie von der Bühne nicht mit einem weiteren Titel abtreten wollte: „Die Open zu gewinnen, wäre fantastisch. Wir haben eine Chance. Hoffentlich wird es ein märchenhaftes Ende.“

Was danach kommt, ist noch nicht ganz klar. Navratilova, die nach ihrer Emigration aus der Tschechoslowakei im Fast- Food-Land Amerika kurzzeitig so kugelig wurde, dass sie ein angesehener Tennis-Journalist als „Riesige Weiße Hoffung“ verspottete, wirbt mit einer eigenen Firma für vegetarisches Essen und gesunde Lebensweise. „Shape Your Self“ heißt ihr neuestes Buch, was nicht nur eine Aufforderung ist, sich selbst in Form zu bringen, sondern auch an der Persönlichkeitsbildung zu arbeiten. Damit hatte Navratilova wenig Probleme. Kurz nachdem sie 1981 die US-Staatsbürgerschaft erhalten hatte, bekannte sie, bisexuell zu sein. Ein Geständnis, das sie im prüden Amerika Millionen Werbe-Dollar kostete und zur Galionsfigur für die Bewegung der Schwulen und Lesben machte.

Sie würde gerne eine Tennisakademie eröffnen, sagte Navratilova kürzlich in einem Interview, eine, in der nicht nur Vorhand, Rückhand und Volley gelehrt werden, sondern auch, wie man als Mensch durchs Leben kommt. Oder geht sie vielleicht lieber in die Politik? CNN- Moderatorin Connie Chung wäre beinahe live in ihrer Sendung vom Hocker gefallen, als Navratilova dort vor vier Jahren ihre politischen Ambitionen outete. Dabei erschütterte die Fernsehfrau weniger die Karrierewahl ihres Gastes als vielmehr ihre Ansichten. Prompt legte sie ihr nahe, lieber das Land zu verlassen, weil Navratilova gewagt hatte zu sagen: „In Amerika sind Entscheidungen nur eine Frage, wie viel Geld damit zu machen ist, und nicht eine, wie sehr darunter die Gesundheit der Menschen, die Umwelt oder die Moral leidet.“

Mit solchen Ansichten kann sie in ihrem Heimatstaat Florida, vorwiegend bevölkert von eher konservativen, homophoben Rentnern, wohl wenig werden, aber in Kalifornien wäre sie glänzend aufgehoben. Dazu müsste sie nur Gouverneur Arnold Schwarzenegger schlagen.

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