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Sport: Ein anderes Ziel

Läuferin Barbara Szlachetka kämpft gegen den Krebs

Berlin - Leider ist der Aufdruck auf das Trikot eine Woche zu spät fertig geworden. Barbara Szlachetka hätte „Gegen Krebs“ auf polnisch gern schon vor einer Woche auf ihrem Trikot fest aufgeklebt gehabt. Da lief sie in Warschau, da wollte sie das neu bedruckte T-Shirt einweihen. So aber läuft sie heute beim Berlin-Marathon (9 Uhr, Start auf der Straße des 17. Juni) mit dem neuen Shirt, es wird schon ein paar Leute am Streckenrand geben, die es verstehen. Und der Rest der Zuschauer kann es auf deutsch lesen. „Gegen Krebs“, groß, in roten Buchstaben auf dem gelben Trikot. Auf dem Trikot von Christian Hottas, ihrem Lebensgefährten, steht zusätzlich noch „Für Barbara, gegen Krebs“. Er läuft heute mit ihr.

Barbara Szlachetka aus Komza, Polen, hat Dickdarmkrebs. Sie muss gerade eine Chemoptherapie ertragen, sie erhält hoch dosierte Medikamente. Es gibt Momente, in denen sie denkt: „Es hat doch keinen Wert, ich sterbe ja sowieso.“ Aber diese Phasen sind kurz. Sie läuft, um zu zeigen, dass man trotz Krebs Lebensglück empfinden kann.

Doch das machen andere auch. Der Krebs allein erklärt nicht die Flut von aufmunternden Briefen und E-Mails. Er allein erklärt nicht, dass alle Teilnehmer eines Ultra-Laufs bei Köln sich gemeinsam fotografieren ließen, auf dem Foto dann unterschrieben und dieses Bild dann der gerührten Barbara Szlachetka ins Krankenhaus schickten. Der Krebs allein erklärt auch nicht, dass deutsche und polnische Langstrecken-Läufer insgesamt 12 000 Euro für die 48-Jährige sammelten, weil keiner weiß, wie lange die Krankenkasse die rund 30 000 Euro teure Chemotherapie bezahlen wird.

Aber ihre Geschichte erklärt das. Barbara Szlachetka ist eine der populärsten Langstreckenläuferinnen in Polen. Sie hält alle polnischen Rekorde bei 12-, 24-, 48- und 72-Stundenläufen, sie hat am 15. November 1997 ihren ersten Marathon absolviert und ist dann bis zum 14. November 1998 51 weitere gelaufen – so viele in einem Debütjahr hat niemand sonst auf der Welt geschafft. Sie hat innerhalb von einem Jahr, elf Monaten und 14 Tagen 100 Marathon-Läufe absolviert – wieder Weltrekord. Sie hat insgesamt 312 Marathons und Ultra-Läufe absolviert. Sie hat als erste Frau der Welt den Marathon im Bergwerk Sondershausen gewonnen, 700 Meter unter der Erde. Der Sportchef der polnischen Nachrichtenagentur PAP hat früh von den Leistungen der Läuferin erfahren, seither berichtet PAP ausführlich über die Athletin, die zwischen Hamburg, dem Wohnsitz von Hottas, und Jelcz-Laskowice in Polen pendelt. Mehrere Filme wurden in Polen über Barbara Szlachetka gedreht.

Und natürlich dreht sich jetzt vieles um ihre Krankheit. Die Diagnose kam ohne Vorwarnung, am 7. Juli wurde Barbara Szlachetka kurz vor einem Ultralauf in Köln nach heftigen Bauchschmerzen ins Krankenhaus eingeliefert. Aber vier Tage vor ihrer ersten Chemotherapie lief sie noch einen Marathon in Irland. „Das Laufen tut ihrem Körper sehr gut. Sie hat einen erstaunlich guten Heilungsverlauf“, sagt Hottas, ein erfahrener Arzt. „Ihre Immunwerte sind gut.“ Für ihn ein Beweis, wie sehr Bewegung Krebskranken helfen kann. Hottas lief natürlich auch in Warschau. Und er sorgte dafür, dass die Botschaft seiner Freundin trotz des fehlenden Aufdrucks auf dem T-Shirt verbreitet wurde. Er pinselte die polnische Übersetzung einfach auf Pappschilder und heftete sie an die T-Shirts.

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