zum Hauptinhalt

Sport: Ein besonderer Jahrgang

Wie Berlin Thunder die neue Football-Saison angeht

Berlin. Im vorigen Jahr stand Rohan Davey immer im Schatten der anderen. Der 25-jährige Footballer aus Boston erlebte mit den New England Patriots den unaufhaltsamen Durchmarsch bis zum Super Bowl. Doch richtig freuen konnte er sich nicht. Alle schauten nur auf Tom Brady. Nur wenn der Spielmacher und sein Ersatz Deion Branch ausgefallen wären, hätte der gebürtige Jamaikaner eine Chance bekommen. Damit der Quarterback sein Talent jedoch nicht verlernt, haben ihn die Patriots nach Europa zu Berlin Thunder geschickt, und hier steht Davey plötzlich im Mittelpunkt. Denn Rohan Davey ist der vielleicht beste Spielmacher, der je in die NFL Europe entsandt wurde.

Schon im Trainingslager bewies er mit langen und präzisen Pässen seine Klasse und zeigte die offensive Ausrichtung des neuen Cheftrainers Rick Lantz. Lantz kann dabei auf eine der besten Besetzungen bei Thunder überhaupt bauen. Sowohl die Offensive als auch die Defensive sind in diesem Jahr ausgeglichen stark. „Mein Team hat enorm viel Potenzial, und wir werden sehen, wie sie es auf dem Feld unter Druck umsetzen können“, sagt der ehemalige Trainer der US-Marineakademie. In allen vier Testspielen im Trainingslager in Florida lieferte es mit einem Remis gegen Rhein Fire und Siegen gegen Frankfurt, Schottland und Köln sehenswerte Leistungen. „Wir gehen mit einem großartigen Team ins Rennen um den World Bowl.“

Am Sonntag zum Saisonstart im Berliner Olympiastadion muss Davey nun zum ersten Mal nach seiner Collegezeit als Spielmacher von Anfang an aufs Feld. Ausgerechnet gegen die Scottish Claymores (Spielbeginn 16 Uhr) soll er die hohen Erwartungen an sich und den neuen Trainer erfüllen – das Team, gegen das Thunder im vorigen Jahr zur Eröffnung so hoffnungslos unterging. Doch in diesem Jahr ist bei Thunder alles anders – nicht nur der Trainer. Von den 48 Spielern haben nur Jörg Heckenbach, die beiden Franzosen Patrice Kancel und Philipp Gardent sowie der Amerikaner Bryan Fletcher schon mal im schwarzen Trikot mit dem Donnersymbol gespielt. Kicker Axel Kruse wird während der ersten Drittelpause für immer verabschiedet. Ihn wird der 35jährige Däne Heinz Quast ersetzen.

Peter Vaas hatte Thunder nach zwei Titeln in der vorigen Saison auf dem letzten Platz hinterlassen. Nun soll er das neue Team Cologne Centurions aufbauen und Lantz das Berliner Team retten. Unter Druck steht der neue Trainer aber nicht nur aus sportlicher Sicht. Berlin steht in dieser Saison unter besonderer Beobachtung der Liga. Nur bei einem sportlichen Erfolg und einem Zuschauerschnitt von über 15000 dürfte sich diese Bewährungsprobe überleben lassen. Beides ist eng miteinander verknüpft.

Schon der Auftakt könnte bei nur zehn Saisonspielen ausschlaggebend werden – muss er aber nicht. Denn Thunder hat bisher alle fünf Saisonpremieren verloren – und ist zweimal Meister geworden. Gegen die Claymores soll diese schwarze Serie nun enden. Doch selbst wenn nicht, ist Lantz nicht gleich pessimistisch. Der ehemalige Sergeant der US-Marine, der in dieser Saison bei New England mitgearbeitet hat, weiß aus eigener Erfahrung, dass das erste Ergebnis noch nichts heißt, denn auch die Patriots haben ihr Auftaktspiel verloren und dann den Titel geholt.

Ingo Wolff

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false