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Sport: Ein bisschen Bayern

Der neue Manager Thomas Strunz soll Wolfsburg Erfolgsdenken beibringen

Als Thomas Strunz noch jünger war und beim VfB Stuttgart spielte, hat er einmal über seinen Wohnort gesagt: „Das Schönste an Stuttgart ist die Autobahn nach München.“ Wenn Strunz jetzt aus seinem neuen Büro im zweiten Stock der VW-Arena guckt, sieht er den Stadionparkplatz, den Mittellandkanal und das, was viele für das Schönste an Wolfsburg halten: den ICE nach Berlin. Doch Thomas Strunz muss dem Zug in die große Stadt nicht sehnsüchtig hinterherblicken. Er hat für sich beschlossen, jetzt erst einmal in Wolfsburg sesshaft zu werden: Im Februar zieht er in ein Haus in den grünen Gürtel um die Stadt, über die Strunz überhaupt nur Gutes sagt. Sehr dynamisch sei Wolfsburg, „es passiert viel“. Und wenn Strunz mit seinem Dienstwagen durch die neue Stadt fährt, stellt er vorher das Navigationssystem ein. Mehr aus Gewohnheit allerdings, denn aus Notwendigkeit.

Thomas Strunz befindet sich noch in der Orientierungsphase. Seit dem 1. Januar arbeitet der 36-Jährige als Geschäftsführer Sport der VfL Wolfsburg Fußball GmbH. Seitdem versucht er, sich einen Überblick zu verschaffen: über die Stadt Wolfsburg, den Verein für Leibesübungen und dessen Bundesliga-Mannschaft. Manches, was er dabei herausgefunden hat, stimmt nicht unbedingt mit dem Bild überein, das sich die Allgemeinheit von Wolfsburg und dem VfL gemacht hat.

Für die Öffentlichkeit war es eine mittlere bis große Überraschung, als der bisherige Spielerberater Strunz im November beim VfL als neuer Manager vorgestellt wurde. Bekannte Namen waren im Laufe der Monate bei der Suche nach einem Nachfolger für Peter Pander genannt worden, Reiner Calmund zum Beispiel, Rudi Völler, Marco Bode oder Michael Preetz. Der Name Thomas Strunz fiel kein einziges Mal. Trotzdem sagt Strunz, für ihn sei die Entscheidung des VfL keine Überraschung gewesen, „weil ja bekannt war, was der VfL Wolfsburg sucht“. Jemanden, der – anders als der Autodidakt Pander – aus der Fußballbranche kommt und der den Willen nach Erfolg glaubhaft verkörpert. „Ich fühle mich nicht als zweite Wahl“, sagt Strunz. „Ich bin überzeugt, dass ich die richtige Wahl bin.“

Mit Bayern München ist Strunz viermal Deutscher Meister gewesen, er hat den DFB-Pokal gewonnen, den Uefa-Cup und ist 1996 mit der Nationalmannschaft Europameister gewesen. „Natürlich ist das prägend“, sagt Strunz über seine erfolgreiche Karriere. Jetzt soll er ein bisschen Bayern nach Wolfsburg bringen, vor allem den Glauben an die eigene Stärke.

In der Vorrunde war der VfL bereits achtmal Tabellenführer. Es gab sogar eine Klage darüber, dass das Wolfsburger Rathaus nicht meisterschaftstauglich sei, weil es keinen Balkon besitze. Doch dieser Debatte haftete immer etwas Unernstes an, und als die Mannschaft im Herbst durch drei Niederlagen hintereinander wieder Richtung Mittelfeld stürzte, fühlten sich die Pessimisten wieder einmal bestätigt. Dass der VW-Konzern, der größte Anteilseigner der Fußball GmbH, schon vor einigen Jahren für 2007 die Teilnahme an der Champions League angepeilt hatte, hat dem VfL eher geschadet als genutzt. Thomas Strunz sagt: „Wir müssen nicht bis 2007 warten. Wir können es auch gerne früher erreichen.“

Der neue Manager gibt dem VfL, was der VfL haben will: mehr Aufmerksamkeit. Dass sich die Presse auf ihn stürzen würde, „war klar“, sagt er. „Es ist ja auch erwünscht.“ In der Winterpause hat Strunz jede Menge gute Stimmung verbreitet. Den angeblichen Konflikt zwischen deutschen und argentinischen Spielern im Kader des VfL hat er zur Bagatelle verniedlicht, zu Spannungen, „die es in jeder Gruppe gibt, die größer ist als zwei Personen“. Außerdem hat es der Manager abgelehnt, in der Winterpause, neue Spieler zu verpflichten. „Wir haben Vertrauen in den Kader“, sagt Strunz.

Der neue Manager sucht noch die Äquidistanz, eine Position zwischen größtmöglicher Nähe zu den Spielern und der höchstnötigen Distanz als leitender Angestellter. Im Regenerationstrainingslager hat Strunz mit 19 Spielern gesprochen. Trainer Erik Gerets war bei jedem dieser Gespräche dabei. „Wir denken gleich“, sagt Strunz über die Zusammenarbeit mit dem Belgier. Trotzdem werden die Kompetenzen in Zukunft strikt getrennt sein. „Ich mische mich nicht in das tägliche Geschäft des Trainers ein“, sagt der Manager. So wie Gerets bei Vertragsverhandlungen nicht dabei sein wird, so wird sich auch Strunz nur ausnahmsweise das Training der Profis ansehen. Und bei den Spielen wird er auf der Tribüne sitzen. „Das ist der für mich richtige Platz.“

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