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Sport: Ein bisschen entlassen

Der SC Freiburg trennt sich von seinem Trainer Volker Finke – am Saisonende

Bis tief in die Nacht saß die große Runde am Mittwoch beisammen und beratschlagte. Fast sechs Stunden dauerten die Debatten. Am frühen Nachmittag des nächsten Tages dauerte es wieder Stunden, bis endlich eine dürre Pressemitteilung verschickt wurde und der Sportclub Freiburg eine Art Sensation verkündete. Der Zweitligaklub wird sich zum Saisonende von Trainer Volker Finke trennen. Finke ist nicht irgendein Trainer. Kein anderer hat so lange für denselben Verein gearbeitet. Finke ist seit dem 1. Juli 1991 in Freiburg, und in dieser Zeit machte er den Sportclub zu dem, was er ist: Der Verein ist schuldenfrei, besitzt ein eigenes Stadion und war jahrelang Mitspieler in der Bundesliga mit Ausflügen sogar in den Uefa-Cup. Trotz der Erfolge eckte Finke immer wieder an. Ein Mann des Volkes war er nie.

Nun also soll es vorbei sein. Der Sportclub will versuchen, die Saison trotz der aktuellen sportlichen Krise mit dem 58-Jährigen zu Ende zu bringen. Ein mehr als heikles Projekt, doch der Verein gibt sich überzeugt, dass Finke mehr als jeder andere geeignet sei, die Situation zu meistern. Der Sportclub hat ihm viel zu verdanken, das schimmert überall durch, allein deshalb kommt es nicht zur sofortigen Trennung. Manches klang deshalb so verklärt, als teile der Pfadfinderbezirk Breisgau eine Entscheidung mit: „Gleichzeitig verständigte sich das Präsidium mit Volker Finke darauf, gemeinsam die Nachfolge in der sportlichen Leitung für die kommende Saison zu planen und sie mit der dem SC Freiburg gemäßen Sorgfalt in die Tat umzusetzen.“ Freiburgs Präsident Achim Stocker sagte: „Wir sind überzeugt davon, dass es uns mit diesen Entscheidungen gelungen ist, in einer schwierigen Situation einen ganz wichtigen Schritt in die richtige Richtung zu machen.“ Davon abgesehen, wolle man zu der Angelegenheit während der Saison keine weiteren Kommentare abgeben.

Ob das gelingt, wird auch von der sportlichen Entwicklung der Mannschaft abhängen: Vor dem letzten Vorrundenspiel in Koblenz trennt den SC nur noch die bessere Torbilanz von einem Abstiegsplatz. Immer öfter hallten „Finke raus!“-Rufe durch das Dreisamstadion. Von Zuständen wie im Bürgerkrieg sprach Sabine Stocker, die Tochter des Präsidenten. Die Stadt sei tief gespalten, in zwei Lager, die sich am Ende sogar an den Kragen gingen. Die Rufe der Anti-Finke-Fraktion wurden von der Pro-Finke-Fraktion sofort mit wütenden Pfiffen quittiert. Durch die neue Sachlage hofft der Klub, die aufgestauten Aggression besser steuern zu können.

Die Situation um Finke hatte sich zuletzt immer mehr zugespitzt. Nach der 0:4-Heimniederlage im badischen Derby gegen den Karlsruher SC hatte Vizepräsident Fritz Keller Konsequenzen angedeutet, die in Freiburg lange undenkbar waren. Keller gilt seit geraumer Zeit als eine Art Gegenspieler von Volker Finke. „Wir stehen am Tiefpunkt der letzten 20 Jahre“, sagte Keller und offenbarte anschließend, der SC-Vorstand sei in der Trainerfrage durchaus unterschiedlicher Meinung.

In der Winterpause will der Klub Geld für Verstärkungen ausgeben, die vor allem, so komisch das klingt, Trainer Finke bisher ablehnte. Den Freiburgern fehlt vor allem im Mittelfeld geeignetes Personal. Finkes Konzept, durch frische Kräfte fast jede Saison frischen Wind in seinen Kader zu bekommen, ging diesmal nicht auf. Finke reagierte zunehmend verschlossen und gab erst am Ende zu, seine Mannschaft sei für die Zweite Liga und das Vorhaben Wiederaufstieg zu jung und unerfahren.

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