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Sport: Ein bisschen weniger Pressing Was bei Argentiniens

Fußballteam nun anders ist

Im Düsseldorfer Radisson-Hotel haben sie den Argentiniern Einzelzimmer angeboten. „Wir haben genug, ihr könnt es euch aussuchen“, hieß es. Aber die Südamerikaner lehnten dankend ab. Doppelzimmer seien in Ordnung. Als die Nationalmannschaft am Montagmittag endlich komplett anwesend war – angereist über mehr als zehn Abflughäfen in Europa, wo bis auf Torwart Abbondanzieri alle Mitglieder des aktuellen Kaders spielen –, wusste man auch warum: Die Konkurrenten im Kampf um die Stammplätze hatten großen Spaß am Wiedersehen, wollten möglichst viel zusammensein, so dass Mehrbettzimmer am praktikabelsten gewesen wären. Wie unter kleinen Jungs beim Klassenausflug wurde beim Training im altehrwürdigen Düsseldorfer Paul-Janes-Stadion gescherzt, gerauft, miteinander gespielt.

Das sagt ein bisschen etwas darüber aus, wie gut es atmosphärisch um die argentinische Mannschaft bestellt ist. Sportlich dagegen befindet sie sich angeblich wieder einmal im „Übergang“, wie Trainer José Pekerman sagt. Dabei müsste es eigentlich um Kontinuität gehen. Schließlich war die seleccíon erst im Juli unter dem damaligen Trainer Marcelo Bielsa souverän in das Finale der Copa America eingezogen, der Lateinamerika-Meisterschaft. „Das beste Spielsystem“ bescheinigten die Beobachter den Argentiniern, aber das Finale verlor die Mannschaft ausgerechnet gegen Brasilien. Trainer Bielsa wurde fortan noch skeptischer betrachtet, obwohl er attraktiven Fußball bot. Aber er gilt als Sturkopf und Eigenbrödler und redet nicht gern. Das ist selten für einen Argentinier.

Dabei hatte Bielsa die Konsequenten aus der gescheiterten argentinischen Fußballphilosophie gezogen. Er selbst hatte sie einmal in dem Satz zusammengefasst: „Argentinien muss immer angreifen.“ Doch damit war die seleccíon bei der Weltmeisterschaft 2002 in der Vorrunde ausgeschieden. In der Copa hatte es Bielsa dann verstanden, ein Stück mehr Effektivität ins Spiel zu bringen, ohne den offensiv ausgerichteten Stil aufzugeben. Auch in der Qualifikation zur WM 2006 starteten die Argentinier unter Bielsa erfolgreich, ehe er für viele überraschend im Oktober seinen Rücktritt erklärte: Es fehle ihm die Energie. Wahrscheinlicher ist, dass sich Bielsa unverstanden fühlte.

Nun versucht Pekerman, der dreimal als Trainer Juniorenweltmeister wurde, die „richtige Mischung aus Jung und Alt“ zu finden und das Vorurteil auszuräumen, er könne nur Jugendteams betreuen. Pekerman weiß, dass mit dem Männerteam „allein das Ergebnis zählt“. Dass er den schon fast ausgemusterten Hernan Crespo nominiert hat, spricht für seinen vorhandenen Pragmatismus. Der 29-Jährige vom FC Chelsea an den AC Mailand ausgeliehene Stürmer hatte auch aufgrund von Verletzungen lange Zeit keine Rolle mehr im Nationalteam gespielt. Mit 27,5 Jahren ist das Durchschnittsalter des Kaders zudem nicht so revolutionär jung, wie man es vermutet hätte. Und das Spielsystem hat Pekerman trotz des Geredes über den Umbruch kaum verändert. „Wir spielen ein bisschen weniger Pressing, aber sonst ist alles gleich geblieben“, sagt der Leverkusener Diego Placente.

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