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Sport: Ein Drama in fünf Akten

Warum Tennisspiele immer länger dauern.

Paris - Novak Djokovic brüllte, dass der Court Philipp Chatrier im Stade Roland Garros fast erzitterte. Er verharrte an der Grundlinie in einer seiner typischen, martialischen Siegerposen wie ein Gladiator. Auf der Bank saß Jo-Wilfried Tsonga mit Tränen im Gesicht. Vier Stunden, vier Matchbälle, und Tsonga hatte es doch nicht geschafft. Er war im Viertelfinale der French Open mit 1:6, 7:5, 7:5, 6:7 und 1:6 ausgeschieden. Die Zuschauer waren während der fünf Sätze zwischen seliger Trunkenheit und blankem Entsetzen hin und her getaumelt, wie die beiden Akteure selbst. Auf das glückliche Ende hatten die Franzosen vergeblich gewartet.

Grand Slams wie die French Open sind das ideale Terrain für Dramen. Nirgendwo sonst im Touralltag wird noch ein Nährboden für Matches mit epischem Ausmaß geboten, als bei den vier wichtigsten Turnieren des Saison. Denn mit Ausnahme des Davis Cups sind die Partien über drei Gewinnsätze überall abgeschafft worden. In Zeiten der planbaren Fernsehübertragungen versucht man, auch Sportarten wie Tennis mehr und mehr ein Korsett zu verpassen. Das ist auch im Sinne der Spieler, die Woche für Woche durch die Welt ziehen und sich ihre Kräfte über die elf Monate dauernde Saison einteilen müssen. So bleiben die Gelegenheiten für Dramen nur punktuell erhalten.

Roger Federer, der Weltranglistendritte, gehört zu den Verfechtern der Fünfsatzspiele: „Über zwei Sätze braucht man nur mal fünf schlechte Minuten, dann ist man draußen.“ In seinem Viertelfinale lag der Schweizer gegen Juan Martin del Potro schon 0:2 in den Sätzen zurück. Während dieser French Open wurde Federer schon zum zweiten Mal in einen fünften Satz gezwungen, und es zeichnet sich in diesem Jahr ein genereller Trend ab. Vor dem Halbfinale hatte es bereits 27 Fünfsatzmatches gegeben, 2011 waren es in Paris insgesamt nur 16 gewesen. Ein Grund für den Anstieg sind die weicheren und schwereren Bälle. In Kombination mit den langsameren Plätzen ist es für die Spieler nicht mehr so einfach, Winner zu schlagen. Die Ballwechsel dauern länger – auch der enormen Fitness der Profis geschuldet – und die Herrenmatches daher bisher im Durchschnitt 30 Minuten länger als 2011. Der Spieltag zieht sich immer weiter in die Abendstunden hinein, etliche Matches mussten wegen Dunkelheit unterbrochen werden.Petra Philippsen

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