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Aller guten Dinge.

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Sport: Ein Ende zum Verlieben

Wie schon vor vier Jahren im eigenen Land sichern sich die Deutschen den dritten Platz bei der WM. In einem unterhaltsamen Spiel gewinnt die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw 3:2 gegen Uruguay

Das Spiel um den dritten Platz bei Fußball-Weltmeisterschaften besitzt im Allgemeinen ähnliche Sympathiewerte wie Fidel Castro bei den Exilkubanern in Florida, gar keine nämlich. Aber in der Welt des Fußballs bahnt sich gerade eine zweifelhafte Liebesgeschichte an. Die deutsche Nationalmannschaft und das kleine Finale – da läuft doch was. Hans-Dieter Flick, der Assistent von Bundestrainer Joachim Löw, hat das Spiel um Platz drei schon vor dem Anpfiff umgarnt: „Es ist unser Finale.“ Und das haben sich die Deutschen nicht nehmen lassen. Wie schon vor vier Jahren im eigenen Land beendet die Nationalelf auch die WM in Südafrika auf Platz drei. Mit 3:2 (1:1) setzten sich die Deutschen gegen die Uruguayer durch, die zum dritten Mal im kleinen Finale standen und zum dritten Mal als Verlierer den Platz verließen.

Es gehört beim Spiel um Platz drei zu den guten Sitten, dass auch die Spieler mit einem Einsatz belohnt werden, die im Laufe der WM außen vor geblieben sind. Löw veränderte die Startelf vom Halbfinale gegen Spanien – halb gewollt, halb gezwungen – auf fünf Positionen: Jörg Butt und Dennis Aogo kamen zu ihrem WM- Debüt, außerdem rückten Marcell Jansen, Thomas Müller und Cacau ins Team. Neben Manuel Neuer fehlten auch Kapitän Philipp Lahm, Lukas Podolski und Miroslav Klose. In der Nachspielzeit kam noch Serdar Tasci ins Spiel, so dass nur Tim Wiese ohne WM-Einsatz blieb.

Die Umstellungen machten sich anfangs nicht negativ bemerkbar. Die Deutschen übten sich in Systemtreue, und nach gut zehn Minuten hatten sie ihre erste gute Chance. Arne Friedrich hat nach seinem ersten Länderspieltor gegen Argentinien offenbar seine Lust an der Offensive entdeckt. Nach einer Ecke von Mesut Özil setzte er einen Kopfball an die Latte, Thomas Müller konnte den Abpraller nicht im Tor unterbringen.

Noch nicht. Knapp zehn Minuten später stand die Turnierentdeckung der Deutschen wieder richtig. Nachdem Fernando Muslera einen Weitschuss von Bastian Schweinsteiger hatte prallen lassen, brachte Müller den Ball zum 1:0 über die Linie. Es war bereits sein fünfter Treffer bei diesem Turnier. Damit zog er mit den beiden Führenden der Torschützenliste, David Villa und Wesley Sneijder, gleich, die aber heute im Finale ihre Bilanz noch verbessern können.

Der schöne Vorsprung währte jedoch nicht lange, und das lag vor allem an Bastian Schweinsteiger, dem bis dato wohl besten deutschen Spieler bei der WM. Der Münchner, der gestern Lahm als Kapitän ersetzte, verlor kurz hinter der Mittellinie den Ball. Über zwei Stationen landete der Ball bei Edinson Cavani, Jörg Butt im deutschen Tor hatte gegen seinen Abschluss keine Chance. Den entscheidenden Pass auf den Torschützen hatte Luis Suarez gespielt, der wegen seines absichtlichen Handspiels im Viertelfinale gegen Ghana bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen wurde. Kurz vor der Pause vergab Afrikas neuer Staatsfeind Nummer eins – erneut nach einem flinken Konter – die gute Chance, Uruguay sogar in Führung zu schießen. Das passierte dann gleich nach der Pause, als Diego Forlan seine Vollstreckerqualitäten offenbarte. Mit einem Volley-Aufsetzer von der Strafraumgrenze überwand er Butt. Auch für Forlan war es das fünfte Tor im Turnier.

Für ein eigentlich belangloses Spiel war es eine recht unterhaltsame Angelegenheit, auch weil beide Seiten der Defensive nicht mehr Aufmerksamkeit als nötig widmeten. Nur fünf Minuten nach dem 1:2 gelang den Deutschen der Ausgleich. Jerome Boateng, der diesmal anstelle des grippekranken Lahm auf der rechten Seite verteidigte, schickte eine weite Flanke in den Strafraum der Uruguayer, Torwart Muslera sprang unter dem Ball hindurch, und Marcell Jansen vollendete per Kopf zum 2:2-Ausgleich.

Die taktischen Fesseln wurden nun vollends abgestreift, Räume boten sich reichlich, und auch die Chancen für die Deutschen mehrten sich, weil die Südamerikaner merklich müder wurden. Stefan Kießling scheiterte gleich nach seiner Einwechslung an Muslera, kurz darauf aber brachte Sami Khedira die Deutschen zum zweiten Mal in Führung. Nach einer Ecke bekam Uruguay den Ball nicht aus dem Strafraum, im zweiten Versuch traf Khedira mit dem Kopf zum 3:2. Das reichte zum dritten Platz, obwohl es noch einen heiklen Moment zu überstehen gab. In allerletzter Sekunde traf Diego Forlan mit einem Freistoß nur die Latte.

Gregor Derichs[Port Elizabeth]

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