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Sport: Ein Fall für die Sesamstraße

Nur Matthias Sammer bringt Feuer ins langweilige Revierderby

Von Richard Leipold

Dortmund. In der Verfassung vom Samstag könnte Matthias Sammer als besonderer Gast in der Sesamstraße auftreten – in der Rolle des feuerköpfigen Fußballtrainers, der den jüngsten Zuschauern erklärt, wie schwer es ist, mit manchen Schiedsrichtern auszukommen. Um den Wissensdurst zu fördern, singen die Kinder in der Sesamstraße: „Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm." Beim Revierderby Dortmund gegen Schalke hat Sammer zwar nicht gesungen, aber gefragt hat er viel, wenn auch immer wieder dasselbe. „Wofür, wofür, wofür?" Eine Antwort habe er nicht bekommen, behauptet der Dortmunder Fußball-Lehrer. „Ich weiß nicht, warum ich auf die Tribüne musste." Schiedsrichter Lutz Michael Fröhlich aus Berlin hatte Sammer in der 75. Minute der Bank verwiesen. Der Platzverweis war eine Art Gesamtstrafe für Sammers verbissen geführten Dreikampf mit den Disziplinen Herumhampeln, Herumschreien und Herumfuchteln.

Es war Sammers dritter Feldverweis im 73. Bundesligaspiel als Cheftrainer. Für gewöhnlich hat Sammer sich nach dem Schlusspfiff bald wieder beruhigt. Doch nach dem 1:1 in einem fußballästhetisch belanglosen Revierderby machte Sammer dort weiter, wo er vor dem Strafantritt aufgehört hatte: Er zeterte und zürnte. Spätestens bei seiner Tirade nach dem Schlusspfiff muss dem Dortmunder Trainer bewusst geworden sein, dass sein Auftritt ein Nachspiel haben könnte. Obwohl er die ganze Zeit über auf „nicht schuldig" plädiert hatte, sagte er am Ende, er werde „jede Geldstrafe annehmen". Und beklagte sogleich wieder das zum Himmel schreiende Unrecht, das ihm widerfahren sei. „Ich muss aber auch sagen, dass dies keine gute Zusammenarbeit ist." Einsicht und Trotz lieferten sich bei Sammer einen Zweikampf, der gut passte zu diesem Spiel voller Fouls. Mal räumte der Übungsleiter ein, Fehler gemacht zu haben, dann wieder warf er dem Schiedsrichter vor, dass der sein, Sammers, Vergehen geahndet habe.

Aber nicht nur Sammers Fehler wurden in diesem Derby sofort bestraft. Als Metzelder einen Pass seines Mitstreiters Madouni nicht unter Kontrolle bekam, bemächtigte sich Agali des Balles und nutzte den Fauxpas des Dortmunder Nationalspielers zum Führungstor. Keine zwanzig Sekunden später profitierte Ewerthon beim Kopfball zum 1:1 von einem Abstimmungsfehler der Verteidiger Rodriguez und van Hoogdalem.

Aber wieso, weshalb, warum ist es kein besseres Spiel geworden? Als Antwort auf diese Frage trug Sammer eine Theorie vor, die ausnahmsweise nicht auf dem Versagen des Schiedsrichters fußte. Der Platz im Westfalenstadion sei zu schlecht. Für Filigrantechniker wie die Borussen scheint der Grund und Boden des BVB derzeit fast unbespielbar zu sein. Der Ball springe einem „erst zweimal unter die Nase“, ehe er gespielt werden könne, nörgelte Sammer. „So werden wir mit der Meisterschaft nichts zu tun haben." Aufgeben will er die Titelverteidigung aber nicht. „Zur Not spielen wir demnächst im Stadion Roten Erde." Dort, wo die Borussia zu Zeiten Adi Preißlers kickte. Und von dem ist der Satz überliefert: „Die Wahrheit ist auf dem Platz.“

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