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Sport: Ein harter Schlag

Barcelona verliert nach 30 Jahren wieder ein Heimspiel gegen Liverpool

Am Nachmittag noch hatte sich die lebende Ronaldinho-Statue auf der Flaniermeile „Las Ramblas“ in der Innenstadt von Barcelona von Liverpoolfans herzen und fotografieren lassen. Wer ahnte da, dass ein paar Stunden später der Titelverteidiger mit einem 1:2 im eigenen Stadion unsanft vom Sockel gestoßen werden sollte?

Nur ein Mal sei es einem englischen Team in den 22 bisherigen Champions-League-Begegnungen gelungen, den großen FC Barcelona im Camp Nou zu besiegen, ließ der Verein im Vorfeld wissen. Die Statistik ließ sich natürlich auch anders lesen: Das einzige englische Team, gegen das Barcelona zu Hause verlor, hieß Liverpool. Das war in der Saison 1975/76. Geschichte wiederholt sich doch.

Dabei waren die Katalanen zu Beginn die dominierende Mannschaft. Deco köpfte das Team in Führung. Teamkollege Victor Valdes hatte in der ersten Spielzeit nur einen einzigen Ball zu halten, den umarmte der Torwart unglücklicherweise erst hinter der Linie. Fast förmlich entschuldigte sich Valdes für seinen Patzer: „Ich habe mich geirrt. Den Ball hätte ich mit der Hand abwehren müssen – das war ein Fehler im schlimmsten Moment.“

Craig Bellamy hatte den Ball per Kopf in die rechte Ecke befördert und feierte das vor 5000 jubelnden Liverpoolfans mit einem imaginären Golfschlag. Der Waliser war in der Woche zuvor nach einer alkoholreichen Nacht angeblich mit einem Golfschläger auf seinen Mannschaftskollegen John Arne Riise losgegangen. Ausgerechnet Riise war es, der schließlich Barcelonas Schicksal besiegelte – nach einer Vorlage seines schlagkräftigen Kompagnons und eines Verteidigungsfehlers von Rafael Marquez. Einen Moment schien es, als könnte Deco das Blatt noch wenden. Doch sein Schuss kurz vor Schluss endete am linken Pfosten.

„Wir haben den Ausgleichstreffer nicht richtig verdaut“, resümierte Frank Rijkaard geknickt. „Uns fehlte es an Rhythmus und Kraft.“ Das Selbstbewusstsein der Katalanen hat mehr als nur einen Kratzer bekommen. Nicht nur, dass die Blauroten beim Rückspiel in Liverpool nun auf ein Wunder hoffen müssen – auch bei den spanischen Wettbewerben hatte FC Barcelona zuletzt mit Rückschlägen zu kämpfen. Beim Viertelfinale-Hinspiel des Königspokals verlor die Mannschaft gegen Zaragoza 0:1, in Valencia handelte sie sich ein 1:2 ein. Dazu kam der Ärger um Samuel Eto’o. Der ebenso temperamentvolle wie undiplomatische Stürmerstar hatte seinen Trainer vor laufenden Kameras einen „schlechten Menschen“ geschimpft, von „zwei verfeindeten Lagern im Verein“ schwadroniert. Als sei das nicht genug, kursierten auch noch Gerüchte um einen möglichen Trainerwechsel. Der Stern der Mannschaft, die vielen als weltbeste galt, funkelt nicht mehr. Fast kathartisch klangen da Frank Rijkaards Worte in der Nacht nach dem Spiel: „Wir müssen gemeinsam leiden – und wieder an uns glauben.“

Ob das reicht? Der Schauspieler, der auf den Ramblas als ewig lächelnder Ronaldinho posiert, nahm sich gestern erst einmal einen freien Tag.

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