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Der bleibt schön hier, Freundchen. Gegen Chalon war Zach Morley (Mitte) überall. Hier legt er sich mit dem gegnerischen Center Michel Jean-Baptiste Adolphe an. Foto: Camera 4

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Sport: Ein Held für alle Fälle

Es gibt bessere Basketballer, aber dank Zach Morley kann Alba wieder kämpfen.

Berlin - Das Nachschwitzen ist die Geißel des erschöpften Sportlers. Wer sich völlig verausgabt hat, kann eine kühlende Dusche genießen, sich abtrocknen – und trotzdem hört der Schweiß nicht auf zu fließen. Auch Zach Morleys Glatze glänzte am Donnerstagabend um kurz vor Mitternacht noch perlig-feucht, das Gesicht darunter strahlte aber fröhlich. Eine knappe Stunde zuvor hatte Alba Berlins Flügelspieler gemeinsam mit seinem Team Elan Chalon mit 74:71 niedergerungen, den zweiten Sieg im zweiten Euroleague-Spiel erkämpft und dabei einen deutlichen Rückstand aufgeholt. „Wenn man mit 13 Punkten hinten liegt, lässt normalerweise irgendjemand den Kopf hängen“, sagte Morley. „Aber wir sind als Team zusammengeblieben.“

Das dramatische Spiel gegen den Französischen Meister hatte viele Helden. Der augenscheinlichste war Deon Thompson, den die Statistik mit 24 Punkten als besten Werfer auswies und den Trainer Sasa Obradovic als „unaufhaltsam“ adelte. Der emotionale Held war Heiko Schaffartzik, der mit drei Dreipunktewürfen die Partie drehte und die Zuschauer mitriss. Und dann war da noch Zach Morley, der übersehene Held. Der Basketballer aus Springfield, Montana, hatte keinen einzigen Wurf aus dem Feld getroffen, nur zwei Punkte erzielt – und sein erstes Euroleague-Spiel trotzdem auf seine Weise dominiert.

Morleys Weg in die höchste europäische Spielklasse ist alles andere als gradlinig verlaufen. Nach dem College spielte er eine Weile in Spaniens zweiter Liga, zuletzt verdiente er sein Geld in der Ukraine, wo ihn Obradovic entdeckte und mit nach Berlin nahm. Der 29-Jährige ist nicht der schnellste Spieler für seine Position, sein Wurf ist nicht der sicherste für einen Small Forward, seine Physis könnte beeindruckender sein. Aber er hat andere Qualitäten. „Morley war überall“, sagte Albas Manager Marco Baldi, der dem US-Amerikaner eine „Sensationspartie“ bescheinigte. In der entscheidenden Phase fing der 29-Jährige einen Pass ab, er blockte einen Wurf, beim Stand von 64:68 verwandelte er zwei Freiwürfe. Noch wichtiger für sein Team sind aber sein Kampfgeist und sein Basketball-IQ. „Er liest das Spiel hervorragend“, sagt Baldi, „er sieht zwei Pässe im Voraus“.

Als die Berliner im Schlussviertel ihre beiden Center Yassin Idbihi und Albert Miralles ersetzen mussten, half Morley als Power Forward aus, an seiner Seite stand der völlig verunsicherte Brian Randle. „Das haben wir so noch nie trainiert“, gab Morley zu. Alba schien geschlagen, Chalon wirkte souverän. Doch mit einer selten so laut gehörten Unterstützung des Publikums fanden die Berliner zu neuer Energie. „Wenn ich die Mentalität dieses Teams sehe, habe ich eine Freude, die ich schwer beschreiben kann“, sagte Baldi.

Noch größere Freude löste bei Albas Manager eine andere Nachricht aus: Yassin Idbihi wird nicht lange ausfallen, die Bänder im linken Knie des Centers sind unverletzt. Vielleicht kann der 29-Jährige schon im heutigen Heimspiel gegen Vizemeister Ulm (19 Uhr, Arena am Ostbahnhof) wieder auflaufen. Dann wird auch Zach Morley wieder all die Dinge tun, die leicht übersehen werden und erst ganz hinten in der Spielstatistik auftauchen. Dort ist der „Plus/Minus“-Wert vermerkt, der angibt, wie sich der Spielstand mit dem jeweiligen Spieler auf dem Feld entwickelt hat. Zach Morley lag in dieser Kategorie bei +13, dem besten Wert aller Spieler. „Ach, tatsächlich?“, sagte Morley, als er auf den Statistikbogen schaute. Er schien ehrlich von sich selbst überrascht.

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