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DFB-Präsident Theo Zwanziger (2.v.l.) beobachtet am 10. November 2010 zusammen mit Oliver Bierhoff (2. v. r.) und Joachim Löw (r.) die Kranzniederlegung am Grab von Robert Enke.

© dapd

Ein Jahr nach dem Selbstmord: Stille Trauer um Robert Enke

In einem schlichten weißen Zelt bietet Hannover 96 Platz für die Trauer um Robert Enke. Aber das Gedenken ist ein Jahr nach dem Selbstmord eher Privatsache. Auch der Club schirmt sich ab.

Die Tränen kommen auch noch ein Jahr danach. Sie steigen dem Mann in die Augen bei seinem Blick auf die Kerzen und die selbstgemalten Bilder der Fans von Robert Enke, dem toten Torhüter. Der rund 50 Jahre alte Fußballanhänger ist jedoch die Ausnahme. Er ist einer der wenigen Hannover-96-Fans, die an diesem regnerischen Novembertag zum Trauerzelt vor dem Stadion kommen. Dort, wo vor einem Jahr Tausende mit einem Lichtermeer ihre Trauer ausdrückten, ist es am Mittwoch tagsüber zunächst ruhig und zwischenzeitlich leer. Nur ein Sicherheitsmann mit einer kleinen „Enke-Eins“ auf der Jacke hält Wache.

Erst am späten Nachmittag bildet sich vor dem Zeit eine Schlange. Gegen 19.00 Uhr trifft dann auch der Trauermarsch mit rund 1000 Menschen aus der Innenstadt am Stadion ein. Für die meisten Fans ist die Trauer ein Jahr nach der Tragödie eine eher private Angelegenheit und keine öffentliche Veranstaltung. Die Profis von Hannover 96, darunter viele ehemalige Mitspieler von Enke, absolvieren nur einen Weitschuss entfernt ihre Übungseinheiten. Nicht wie sonst auf dem Trainingsgelände unter den Augen der Fans, sondern unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Stadion. Am Trauermarsch beteiligt sich in diesem Jahr kein Angehöriger des Clubs.

Nur der verletzte Leon Andreasen kommt zwischendurch mit dem Fahrrad kurz vorbei. Er wirft einen flüchtigen Blick in das Zelt und fährt weiter. Die Spieler sollen und wollen nichts mehr zu dem schwierigen Thema sagen. Stattdessen spricht Clubchef Martin Kind morgens in die Kameras. "Dieser Tag ist nicht normal", sagt der Vereinsboss, nachdem er zusammen mit Manager Jörg Schmadtke in dem Zelt war. Und bevor er nach Empede zur Kranzniederlegung an Enkes Grab fuhr. Kind sagte auch: "Es ist ein Tragödie. Die Erinnerung ist lebendig."

In Erinnerung geblieben sind auch die vielen Menschen, die sich vor einem Jahr noch in der Nacht des Selbstmordes vor dem Stadion trafen, Kerzen aufstellten und Schals niederlegten. Einige der Bilder, die Kinder damals gemalt hatten, hängen nun in dem Zelt, das der Bundesligaclub in der Nacht zuvor am Rande des Stadions aufgebaut hatte. Auf vier Stellwänden sind Abschiedsbriefe und Bilder ausgestellt. Torwarthandschuhe und eine rote Rose liegen in einer Ecke.

Die ersten zehn Menschen hatten bereits am frühen Mittwochmorgen um 6.00 Uhr das 35 Quadratmeter große Gedenkzelt betreten. In einem "Buch der Gedanken" schrieben sie ihre Erinnerungen an den beliebten Profi auf, der unter Depressionen litt und am 10. November 2009 Selbstmord verübt hatte. 

Eine Frau trug sich unter Tränen in das aufgestellte Buch ein, eine andere legte weiße Rosen nieder. "Ich komme da nicht drüber hinweg", sagt ein Fan, der auch vor einem Jahr vor dem Stadion getrauert hatte. Es fanden sich jedoch auch zahlreiche Journalisten und Kamerateams von TV-Sendern an dem Zelt ein - zwischenzeitlich mehr als trauernde Fans. "Es kommen keine Unmengen von Menschen. Schüler auf dem Weg zur Schule und Menschen auf dem Weg zur Arbeit schauen vorbei und halten für kurze Zeit inne. So hatten wir das erwartet und gewünscht", berichtete 96-Pressechef Andreas Kuhnt. (dpa)

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