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Sport: Ein Leben auf dem Eis

Wally Schreiber wird bald 44 – und ist trotzdem noch Leistungsträger der Hannover Scorpions

Berlin - Wally Schreiber zog seine Schlittschuhe aus und stellte sie in den Mittelkreis der Eisfläche. Es war ein bewegender Moment im Schwenninger Bauchenberg-Stadion für die Fans des Zweitligisten Wild Wings und für den Hauptdarsteller. Am 28. März 2005, nach der Schwenninger Niederlage im siebten Viertelfinalspiel gegen Bremerhaven, beendete Schreiber mit 43 Jahren seine Karriere als Eishockeyprofi, die er 1981 bei den Regina Pets in der Western Hockey League begonnen hatte. Schreiber hatte einmal einen Ringer gesehen, der zum Ausklang der Karriere die Stiefel in den Mattenkreis stellte. „Die Idee fand ich toll. Das ist ein guter Weg, um sich selbst und allen anderen zu sagen: Das war’s.“

Doch das war’s nicht: Wenn heute in Hannover die Scorpions zum zweiten Halbfinalspiel um die deutsche Meisterschaft gegen die Eisbären auflaufen (14.30, live auf Premiere), wird der Stadionsprecher die Nummer 25 als „Wally“ ankündigen und die Fans der Scorpions werden „Schreiber“ schreien. Im Dezember hat der Kanadier mit dem deutschen Pass seinen Rücktritt vom Rücktritt erklärt: Hannover hatte viele Verletzte. „Für einen anderen Klub hätte ich das nicht gemacht.“ Der Klub aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) profitierte vom ältesten Spieler der Liga. Denn Schreiber ist, wie sein ehemaliger Mitspieler Lorenz Funk junior sagt, für sein Alter unglaublich fit. „Natürlich lebt er dafür“, sagt Funk. „Wally schläft viel und haut nicht über die Stränge.“ Zwar spielte er beim ersten – von Hannover 3:4 nach Verlängerung verlorenen – Spiel in Berlin nur in der vierten Reihe, ein Mitläufer ist er aber nicht. Zwei Tore trug der technisch versierte Stürmer im Viertelfinale gegen Ingolstadt bei. Warum es noch so gut läuft? „Das weiß ich selbst nicht“, sagt er.

Sicher liegt es auch daran, dass er von schweren Verletzungen in seiner Karriere verschont blieb – einer erfolgreichen Karriere. Zwei olympische Silbermedaillen mit dem Team Canada hat er gewonnen, darunter 1992 in Albertville, als Kanada Deutschland im Viertelfinale im Penaltyschießen bezwang. Damals spielte Schreiber schon in Schwenningen, wo er jahrelang Topscorer war. 1994 wurde er mit Hedos München Meister. Danach spielte er fünf Jahre für Landshut, vier Jahre für Hannover, bevor er seine Karriere bei den nun zweitklassigen Schwenningern ausklingen lassen wollte. Natürlich hatte er zuvor von einem Durchbruch in der besten Eishockey-Liga der Welt geträumt, der NHL. Es langte aber von 1987 bis 1989 nur zu 41 Einsätzen bei den Minnesota North Stars. Der Coach des Klubs aus Minneapolis schickte ihn ins Reserveteam. In Hannover hat Schreiber einmal erzählt, dass er von seinem damaligen NHL- Trainer gar nichts halte.

Der Mann, der die North Stars damals betreute, heißt Pierre Pagé und ist heute Trainer der Eisbären. Zum einst von ihm wenig geschätzten Schreiber sagte Pagé vor dem ersten Play-off-Spiel gegen Hannover: „Das ist ein Junge mit Charakter.“ Nach dem Spiel am Donnerstag hatte der Coach trotz des Berliner Sieges keine freundlichen Worte für Spieler des Gegners übrig, sondern monierte deren ruppige Gangart: „Da muss die DEL handeln.“ Das wird sie am Montag, allerdings beschäftigt sich der Disziplinarausschuss dann – wie bereits berichtet – mit einem Foul des Berliners Mark Beaufait, dem eine Sperre droht.

Was Strafen betrifft, ist Wally Schreiber nie groß in Erscheinung getreten und wird es wohl auch nicht mehr, selbst wenn Hannover die nach dem Modus „Best of five“ ausgetragene Serie gegen Meister Eisbären noch gewinnen sollte. Am 15. April wird Schreiber 44 Jahre alt: Spätestens nach der DEL-Finalserie, sagt er, sei Schluss. „Endgültig.“ Diesmal allerdings will er die Schlittschuhe nicht in den Mittelkreis stellen.

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