zum Hauptinhalt

Sport: Ein Moment von Dauer

Der VfB Stuttgart will sich in der Spitze etablieren – nach den letzten Meisterschaften gelang das nicht

Die besten Witze sind immer die, die einen wahren Kern haben. Armin Veh, der Trainer des VfB Stuttgart, wurde vor dem Finale um die deutsche Meisterschaft von einem Reporter des mexikanischen Fernsehens gefragt, wie es denn mit dessen Landsleuten Pavel Pardo und Ricardo Osorio weitergehe. „Wir werden sie nächstes Jahr beide verkaufen“, antwortete Veh. Dann lachte er. Ein guter Witz.

Ein Witz? In Stuttgart haben sie so etwas schon erlebt: dass sie nach der Meisterschaft an sportlicher Qualität eingebüßt haben. 1992 wechselte Matthias Sammer vom VfB zu Inter Mailand. Verhindern ließ sich sein Weggang nicht. Sammers Entscheidung stand schon fest, bevor sich die Stuttgarter am letzten Spieltag die deutsche Meisterschaft sicherten. „Vielleicht hätten wir ihn damals anstelle von Borussia Dortmund nach Deutschland zurückholen sollen“, räumt Dieter Hoeneß ein, der damals Manager der Stuttgarter war. Sammer verließ Italien schon nach einem halben Jahr wieder und wurde in Dortmund zur Schlüsselfigur des Aufstiegs in die europäische Spitze.

So etwas wie damals mit Sammer soll den Stuttgartern nicht noch einmal passieren. „Wir werden den Spielerstamm zusammenhalten“, sagt Erwin Staudt, der Präsident des VfB. Die Leistungsträger, darunter die beiden Mexikaner, besitzen Verträge mit langen Laufzeiten. Von den Stammspielern verlässt nur Torhüter Timo Hildebrand den Verein, für ihn kommt Raphael Schäfer aus Nürnberg. „Wir werden die Lücken wieder füllen“, sagt Sportdirektor Horst Heldt.

An finanziellen Beschränkungen wird das Unternehmen nicht scheitern. 15 Millionen Euro sind dem VfB durch die Teilnahme an der Champions League sicher. „Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir uns verstärken müssen“, sagt Heldt. Die eigentliche Kunst wird für ihn darin bestehen, den Kader für die nächste Entwicklungsstufe zu präparieren, ohne der bestehenden Besetzung dabei das Gefühl zu vermitteln, sie sei für höhere Aufgaben nicht mehr gut genug. „Ich weiß, wie man eine Mannschaft kaputtmachen kann“, sagt der Sportdirektor. „Da muss man höllisch aufpassen.“ Das könnte erklären, warum der Verein damit zögert, den Transfer von Yildiray Bastürk bekannt zu geben. Dass die Stuttgarter den Mittelfeldspieler haben wollen, ist bekannt, der Türke will in dieser Woche verkünden, wohin er wechselt.

Guido Buchwald, der zweimal mit dem VfB Meister war, hielte Bastürks Verpflichtung für eine sinnvolle Entscheidung. „Man muss den Kader gezielt verstärken“, sagt er, und zwar dort, wo auch in dieser Saison Mängel festzustellen waren. Gegen tief stehende Gegner habe sich der VfB oft schwer getan, deshalb brauche die Mannschaft eine richtige Nummer zehn, die solche Situationen kreativ zu lösen versteht. Für einen solchen Spieler „sollte man lieber ein bisschen mehr Geld ausgeben“, sagt Buchwald.

Bei den letzten beiden Meisterschaften, 1984 und 1992, hat der VfB genau das versäumt. „Da war der Verein sehr defensiv und hat nicht investiert“, erinnert sich Buchwald. Die Meisterschaften waren nicht der Beginn dauerhafter Dominanz, sie blieben Momente kurzen Glücks. Im Europapokal schied die Mannschaft beide Male in der ersten Runde aus, 1992 bedingt durch den Fehler ihres Trainers Christoph Daum, der gegen Leeds einen Ausländer zu viel eingesetzt hatte. „Da sind wir von plus hundert auf null runter“, sagt Buchwald. Die Bundesligasaison beendete der VfB als Siebter, 1985 landete der Meister sogar nur auf Platz zehn.

In Stuttgart sind sie sich ziemlich sicher, dass ihnen ein solcher Absturz diesmal erspart bleibt. Buchwald hält die Perspektive für sehr gut, aus der Stammelf sei kein Spieler älter als 30 gewesen. Mit einem Durchschnittsalter von etwas über 25 Jahren hat der VfB ohnehin eine der jüngsten Meistermannschaften überhaupt gestellt. „Wenn diese Mannschaft zusammen bleibt, können wir über Jahre oben mitspielen“, sagt Stürmer Mario Gomez. Hoffentlich erinnert er sich an diesen Satz auch noch, wenn der FC Bayern ihm demnächst ein Angebot unterbreitet.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false