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Sport: Ein Schelm wird Star

Robinho führt Brasilien bei der Copa America – lange Zeit wurde ihm das nicht zugetraut

Der Tag hatte schon vom Datum her etwas Magisches. Samstag, 7.7.2007. In Puerto La Cruz am karibischen Meer springt die Uhr des „Estadio José Antonio Anzoátegui“ auf 22:21 Uhr. Ein erneut glorreicher Arbeitstag endet für den Brasilianer Robinho. Mit zwei Treffern hat die Nummer 11 der brasilianischen Fußball-Nationalmannschaft ihr Soll beim 6:1-Erfolg im Viertelfinale der Copa America gegen Chile erfüllt. Die 25 000 Augenzeugen einer diesmal nicht ganz so spektakulären, aber äußerst effizienten Vorstellung zollen dem „Rei do Drible“ (Dribbelkönig) stehend Respekt. Sicht- und hörbares Zeichen einer bestandenen Reifeprüfung, die im Januar 2004 ihren Anfang nahm und in diesen Tagen in Venezuela endlich vollendet wird.

Rückblende, Chile im Januar vor drei Jahren: Beim südamerikanischen Qualifikationsturnier für die Olympischen Sommerspiele in Athen gehört Robinho in der U23-Auswahl Brasiliens kurz vor seinem 20. Geburtstag schon zu den Stars. Der blitzartige Aufstieg beim FC Santos, die Meisterschaft 2002 und der Einzug ins Copa-Libertadores-Finale 2003 machten den Wirbelwind auch in der Junioren-Selecao zum Hoffnungsträger.

Doch vor dem ersten Anpfiff sorgt er fast für einen Eklat. Im Mannschaftsquartier zieht der Spaßmacher seinem Freund Diego (heute Werder Bremen) vor laufenden Kameras die Sporthose herunter. Die Auslöser klicken, das Bild geht in die Heimat. Robinho, Diego und Co. scheitern im Turnier kläglich. Am Ende heißt es, dass es der Truppe am nötigen Ernst gefehlt habe, die Konzentration auf das Wesentliche nicht da war. Die Torheit Robinhos ist die symbolische Szene für das Versagen.

Bei der Copa America zeigt Robinho, der heute für Real Madrid spielt, dass er diesen Rückschlag verarbeitet hat. „Dieses vorolympische Turnier hat mir geholfen zu verstehen, was die brasilianische Auswahl ist und welche Verantwortung man mit dem Nationaltrikot trägt“, sagt der heute 23-Jährige, grinst dazu aber wie ein Lausbube. „Ich bin halt eine Frohnatur“, sagt Robinho achselzuckend. Einen angeblichen Nachfolger von Pelé gibt es in Brasilien immer, derzeit hat diese Rolle Robinho inne. Mit seinen Tricks und seinem Witz erinnert er aber eher an den legendären Dribbelkünstler Mané Garrincha.

Unbekümmertheit bewahren und Verantwortung übernehmen, dieser Spagat gelingt Robinho bei der Copa America nun fast perfekt. „Wenn ich bei der Selecao bin, bin ich glücklich, und dieses Gefühl vermittle ich auch auf dem Platz“, sagt Robinho. Er ist der große Star bei der Copa, da Ronaldinho und Kaka lieber im Urlaub weilen. Ausdruck des inneren Gleichgewichts sind seine sechs Tore in vier Spielen, dank derer Brasilien nun im Halbfinale steht. In den Gruppenspielen erzielte Robinho beim 3:0 gegen Chile und beim 1:0 gegen Ekuador alle Tore für Brasilien. Allerdings: „Torjäger war ich noch nie“, sagt Robinho, der bei Real Madrid im Angriff spielt. Zum Meistertitel in Spanien hat er in der vergangenen Saison nur sechs Tore beigesteuert.

Da gab es auch einige Probleme wegen Undiszipliniertheiten mit seinem Trainer Fabio Capello. Der ist nun weg. Der neue Coach – höchstwahrscheinlich Bernd Schuster – darf sich auf einen gereiften Robinho freuen, der jetzt auch Vater wird und heiraten will. Ein Star wird erwachsen.

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