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Sport: Ein Schutz gegen die Sperre

Evi Sachenbacher-Stehle und der Doping-Verdacht

Berlin - Es gibt schöne Fotos von Evi Sachenbacher-Stehle auf ihrer Homepage: Sie im weißen Brautkleid, ihr Mann streift ihr den Ring über den Finger. Auf anderen Bildern gibt sie, im Abendkleid mit hochgesteckten Haaren, die Lady. Oder sie lächelt einfach – eine unbekümmerte Sportlerin aus dem Chiemgau.

Die Fotos sind mehr als ein Jahr alt, sie sind vor „diesem Thema“ entstanden, das Evi Sachenbacher-Stehle „so leid ist“. Die Diskussion um ihre Hämoglobinwerte im Blut, um ihre Schutzsperre bei den Olympischen Spielen in Turin, um Gerüchte von Blutdoping, um eine Ausnahmegenehmigung. Die unbekümmerte Skilangläuferin Sachenbacher-Stehle gibt es nicht mehr. „Sie ist robuster geworden“, sagt Wolfgang Pichler, ihr Trainer. Er redet bedächtig, filtert das Positive aus solchen Diskussionen. „Ich sage es mal so: Vom Sport her gesehen hat ihr das ganze Theater nicht geschadet. Ihre Entwicklung hat es positiv gefördert“, sagt der 51-Jährige. „Sie sieht jetzt, dass es nicht bloß Sonnenschein gibt.“

Der Trainer hat ihre neue Robustheit zuerst unterschätzt. Zum Weltcup-Auftakt im Skilanglauf in Düsseldorf kamen 350 000 Menschen, dazu viele Fernsehteams und Journalisten. Pichler wollte sie nicht starten lassen, zumal Sachenbacher-Stehle eine Erkältung hatte. „Vor allen Dingen wollte ich sie nicht zum Fraß vorwerfen“, sagt er. Die Diskussion, wie oft ihre Hämoglobinwerte – diese bemessen den Anteil der roten Blutkörperchen – über dem erlaubten Grenzwert lagen, war gerade neu aufgekommen. Und damit auch die Frage, ob das vielleicht doch etwas mit Blutdoping zu tun haben könnte. Aber Sachenbacher-Stehle startete. „Weil sie unbedingt laufen wollte“, sagt ihr Trainer. Sie wurde Siebte, die beste Platzierung, die sie je in Düsseldorf erreicht hat. „Ich glaube, ich habe mich noch nie so sehr über einen siebten Platz gefreut“, teilte sie später mit.

Es war auch ein Signal für den Trainer. „Wir werden jetzt gar nichts ändern“, sagt Pichler. Seine Athletin erhält vom Weltverband Fis keine Ausnahmegenehmigung für die aus ihrer Sicht genetisch bedingten hohen Hämoglobinwerte. Das bedeutet, dass sie auch weiterhin fünf Tage gesperrt wird, wenn sie über dem Grenzwert 16,0 liegt. Sachenbacher-Stehle führt die Grenzüberschreitung auf Höhentraining zurück. „Wir gehen in dieser Saison zum Training nicht mehr in die Höhe“, sagt Pichler. Er ist gegen Höhentraining, die schwedische Biathletin Magdalena Forsberg sei nie in der Höhe gewesen; trotzdem habe sie mehrmals den Weltcup gewonnen. Pichler hatte Forsberg trainiert. „In der Höhe“, sagt Pichler süffisant, „kann man Dinge auch überdecken.“ Es ist klar, was er meint, Blutdoping oder Epo-Einsatz.

Evi Sachenbacher-Stehle, sagt ihr Trainer, wolle nichts verdecken. Sie hat sich an Studien der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada beteiligt, sie erlaubt, dass Kontrolleure im Zweifelsfall ihre DNS-Probe analysieren können, sie hat ihre Blutwerte öffentlich gemacht – allerdings erst sehr spät. „Was soll sie mehr tun?“, fragt Pichler. Acht Mal in neun Jahren lag sie über dem Grenzwert. „Ihr Ausgangswert liegt bei 14,5, das ist sehr hoch“, sagt Fritz Sörgel, Leiter des Instituts für Pharmazeutische Forschung in Nürnberg. „Wir hatten in unseren Testreihen noch nie eine Frau, die einen so hohen Ausgangswert hatte.“

Was andere hätten machen sollen im Fall Sachenbacher, sagt Pichler auch. Jochen Behle zum Beispiel, der Bundestrainer, hätte geschickter vorgehen können. Behle hatte die Fis beschimpft, er hatte bei den Olympischen Spielen aggressiv gegen Sachenbachers Schutzsperre protestiert, kürzlich bezeichnete er den früheren Anti-Doping-Chef der Fis, Bengt Saltin, als Lügner. „Behle hat sich vor seine Athletin gestellt, das ist ehrenwert“, sagt Pichler. „Aber er darf doch nicht die Fis anklagen. Das macht doch jeder schuldige Dopingsünder auch.“

Evi Sachenbacher-Stehle will sich jetzt in Ruhe auf den Höhepunkt der Saison konzentrieren, die WM in Japan. Die findet auf 300 Metern Höhe statt. „Da“, sagt Pichler, „passiert nichts.“

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