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Sport: Ein Segen für die Bilanz

Warum die Kanuten so erfolgreich sind

Athen - Andreas Dittmer ist im Olympischen Dorf selten auf andere deutsche Athleten gestoßen. Das ist schade, denn gerade die Leichtathleten hätten wohl von ihm profitieren können. „Wenn man miteinander redet und der andere sieht, dass sein Gesprächspartner doch relativ erfolgreich ist, hat das eine psychologische Wirkung. Dann baut das den anderen doch auf“, sagt Dittmer. Leider aber musste der Olympiasieger im Einer-Canadier immer so früh an die Regatta-Strecke, und er kam immer so früh ins Dorf zurück, dass die anderen noch längst nicht da waren. So profitierte keiner der vielen doch recht selbstzufriedenen Leichtathleten von Dittmers Ausstrahlung. Und so stehen die Leichtathleten mit ihrer schlechtesten Olympia-Bilanz (zweimal Silber) seit 1912 da, während die 17 deutschen Kanuten vier Gold- und drei Silbermedaillen vorzeigen können.

Warum ausgerechnet die Kanuten? „Wir haben sehr harte Qualifikationskriterien“, sagt Dittmer. „Nur wenn du bei einer sehr stark besetzten Regatta höchstens 1,5 Prozent hinter der Siegerzeit bist, darfst du sicher zu Olympia.“ Wer dieses Kriterium nicht erfüllt, muss zwei nationale Qualifikations-Rennen und eine internationale Regatta überstehen und dann noch einen Leistungsnachweis liefern. Ein wichtiger Faktor ist auch die Einstellung der Athleten. Dittmer quält sich bei Wind und Regen, bei Kälte und Wellen im Training, er kann sich überwinden. Deshalb war er über 1000 m im Einer-Canadier fünf Jahre lang ungeschlagen. In Athen blieb er im Finale 2,5 Sekunden unter seinem Weltrekord, besiegt wurde er trotzdem. Aber über 500 m holte er dann Gold. Und Birgit Fischer führt mit 42 Jahren den Kajak-Vierer mit einem furiosen Endspurt noch zur Goldmedaille. Sie zieht mit ihrer Energie die anderen mit.

Und doch taugt die deutsche Kanuflotte nicht zur generellen Erfolgsstory. Kanuten und Leichtathleten lassen sich nur bedingt miteinander vergleichen. Sobald es über den Punkt Einstellung hinausgeht, hinkt jeder Vergleich. Die Kanuten müssen sich vielleicht mit einem Dutzend Nationen auseinander setzen, und von denen stellen manche Länder nur ein Boot. Die Leichtathleten treffen auf fast 100 Nationen, die teilweise in Kompaniestärke anrücken.

Dittmer stellt zum Beispiel fest, dass gerade die Chinesen immer stärker werden. Ein Zweier-Canadier hat bereits den Weltcup in Duisburg gewonnen, im WM-Finale 2003 stellte Dittmer erstaunt fest, dass ein Chinese relativ knapp hinter ihm ins Ziel kam. In Peking 2008 wird die deutsche Flotte deshalb kaum so dominieren, wie es ihr in Athen gelungen ist. Zumal der Nachwuchs derzeit Probleme mit der Einstellung hat. „Zwischen den Topleuten und den Jungen klafft eine große Lücke“, sagt Dittmer. Er nahm als Talent den Kampf mit den großen Namen aus dem eigenen Lager noch auf. Aber wenn jetzt ein Talent neben der Übergröße Dittmer paddelt, wartet der Olympiasieger vergeblich auf einen Angriff. „Wenn einer von mir nach 300 Metern die Welle bekommt, verliert der schnell die Lust.“

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