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Sport: Ein Sieg – aber kein Triumph

Jan Ullrich gewinnt das Zeitfahren bei der Deutschland-Tour souverän und kann Levi Leipheimer doch nicht das Gelbe Trikot abnehmen

Jan Ullrich kann noch siegen. Beim Einzelzeitfahren der Deutschland-Tour demonstrierte der deutsche Radprofi gestern eindrucksvoll seine Klasse und ließ alle Konkurrenten hinter sich. Und trotzdem – als wahrscheinlicher Sieger der Deutschland-Tour wird Levi Leipheimer heute im Gelben Trikot nach Bonn fahren. Ullrich besiegte Leipheimer gestern zwar, aber triumphierte nicht über den US-Amerikaner: 86 Sekunden Rückstand auf den Führenden der Gesamtwertung konnte Ullrich auf der 31,1 Kilometer langen Strecke von Ludwigshafen nach Weinheim nicht aufholen. Er war im Ziel nur 54 Sekunden schneller als Leipheimer. Ullrich ist in der Gesamtwertung nach seinem Sieg auf der achten Etappe auf Rang zwei vorgerückt.

Am Ende fehlten Ullrich zum ganz großen Erfolg 31 Sekunden – das war fast die Zeit, die er am Vortag auf dem Schlussanstieg der siebten Etappe auf Leipheimer verloren hatte. Darüber ärgerte sich Ullrich nicht, die Freude über den zweiten Saisonsieg nach dem Zeitfahren bei der Tour de Suisse verdrängte den Frust. „Ich freue mich sagenhaft“, sagte er. „Denn nach all den Problemen, fünf Tagen ohne Training und die ganze Woche Erkältung, hatte ich nicht damit gerechnet.“

Jan Ullrich wird also am heutigen Dienstag bei der Siegesfeier voraussichtlich als Zweiter Levi Leipheimer zur Seite stehen. Bis auf den Spitzenmann vom Team Gerolsteiner hatte Ullrich alle nach dem Einbruch im Schwarzwald vor ihm platzierten Konkurrenten überholt: Jörg Jaksche, Cadel Evans und Georg Totschnig, der nun Dritter ist. Jan Ullrich, zeigte nach einem „ganz großen Sieg für mich“ auch als Verlierer der Rundfahrt Größe: „Ich gönne Leipheimer den Erfolg. Er ist stark gefahren. Sein Team Gerolsteiner war gut aufgestellt. Da gibt es bei mir keinen Neid.“

Der 31-jährige Leipheimer, zeigte gestern, dass er auch ein guter Zeitfahrer ist. Er wurde in Weinheim Dritter hinter Jan Ullrich, der die Strecke in 36:56 Minuten zurücklegte mit einem Durchschnittstempo von 50,5 Kilometern pro Stunde, und seinem Landsmann Bobby Julich vom CSC-Team. Leipheimer blieb gestern in seinem Rhythmus, auch wenn von Zwischenzeit zu Zwischenzeit sein Rückstand auf Ullrich anstieg: 13 Sekunden nach 9,6 Kilometern, 26 Sekunden nach 19 Kilometern und schließlich 55 Sekunden. Im Ziel war Leipheimers Freude entsprechend groß. „Das ist ein großer Tag für mein Team Gerolsteiner“, sagte er. „Georg Totschnig wird wohl Dritter werden und mir kann an der Spitze wahrscheinlich nicht mehr viel passieren. Wir sind das stärkste Team hier.“

Der stärkste Zeitfahrer bei der Deutschland-Tour kam allerdings vom Team T-Mobile. Angefeuert von einer dichten und begeisternden Menschenmenge erinnerte Jan Ullrichs Kraft und Eleganz, Rhythmus und Stil an längst verlorene Dominanz des Deutschen in dieser Disziplin. Trotzdem, Lust auf einen dritten Weltmeisterschaftstitel Ende September in Madrid verspürt der Radprofi nicht, obwohl er die Saison erst am 2. Oktober mit dem Pro-Tour-Klassiker „Züri Metzgete“ in der Schweiz beenden will. Da ihm die flache WM-Strecke beim Straßenrennen in Madrid nicht liege, sei der Trainingsaufwand nur für das Zeitfahren zu groß, sagte Ullrich. „Deswegen lasse ich die Weltmeisterschaft dieses Jahr weg.“

Hartmut Scherzer[Weinheim]

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