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Sport: Ein Sieg gegen die Geschichte

Hertha BSC gewinnt 1:0 bei Werder Bremen und kann jetzt sogar noch die Champions League erreichen

Dieter Hoeneß angelte sich zunächst Falko Götz. Der Manager von Hertha BSC drückte den Trainer von Hertha BSC kräftig an seine Brust. Anschließend gingen beide auf den Rasen und klatschten ihre Spieler ab, die das Kunststück fertig gebracht hatten, beim Meister Werder Bremen zu gewinnen. Das Tor zum 1:0-Sieg vor 40 453 Zuschauern im Weserstadion hatte wieder einmal Marcelinho erzielt. Nach einer halben Stunde hatte der Brasilianer seinen Bremer Gegenspieler Fahrenhorst abgeschüttelt und den Ball unter die Latte des Bremer Tores geschossen. Für Marcelinho war es das 15. Saisontor, für Hertha der siebte Auswärtssieg. Der Berliner Bundesligist ist jetzt punktgleich mit Bremen und kann noch einmal ernsthaft in den Kampf um Platz drei eingreifen.

Auswärtssiege in Bremen zählen für die Berliner doppelt. So ungefähr lautete die Ansage von Dieter Hoeneß vor dem Spiel. Bis gestern hatte Hertha an der Weser erst zweimal gewinnen können, und bei den beiden letzten Auswärtsspielen in Bremen hatte sich Hertha zehn Gegentore abgeholt. Es war also auch ein Sieg gegen die eigene Geschichte.

Einen großen Anteil an diesem Erfolg hatte Verteidiger Josip Simunic, der wieder in die Mannschaft zurückgekehrt war. Und natürlich Marcelinho, der außerhalb des Rasens einigen Trubel ausgelöst hat, derzeit aber in der Form seines Lebens spielt. Nach einer ausgeglichenen Anfangsphase mit zwei guten Chancen für die Bremer Klasnic und Jensen verwertete Herthas Spielmacher einen langen Pass aus der eigenen Hälfte zur Führung. Die Schwäche der Bremer lag gestern in der Abwehr. Genau die versuchten die Berliner durch schnelles, variables Offensivspiel zu nutzen. Nach einem schönen Zuspiel von Herthas Sturmspitze Nando Rafael vergab Marcelinho die Chance zum 2:0 allerdings kläglich.

In der Pause war der Anhang Werders trotzdem noch guter Hoffnung. Die Berliner verloren in der zweiten Hälfte ein wenig die Spielübersicht, Bremen erhöhte den Druck auf das Tor von Christian Fiedler, der gegen Schüsse von Lisztes und Jensen glänzend reagierte. Der Bremer Trainer Thomas Schaaf erhöhte das Risiko. Für zwei Abwehrspieler (Schulz und Fahrenhorst) brachte er die Stürmer Hunt und Zidan. In den restlichen 20 Minuten stürmte Bremen mit vier Angreifern. Der Meister versuchte es mit Wucht statt mit Geduld und Geschick. „Uns hat heute die Entschlossenheit im Abschluss gefehlt“, sagte Schaaf. Seine Spieler konnten aus der spielerischen Überlegenheit (11:2 Ecken, 62 zu 38 Prozent Ballbesitz) keinen Nutzen ziehen. Hätten die Berliner einen der wenigen sich bietenden Konter cleverer ausgespielt, dann „hätten wir nicht so lange hoffen müssen, dass unser Bollwerk hält“, sagte Manager Hoeneß. „Dann wären wir hier mit einem klaren Sieg vom Platz gegangen.“

Falko Götz, der in der Schlussphase Dardai für Bastürk, Wichniarek für Rafael und schließlich auch noch Neuendorf für den ausgepowerten Marcelinho einwechselte, sprach von einem Kraftakt, den seine Mannschaft vollbracht habe. „Diesmal haben die Einsatzbereitschaft unserer Mannschaft und die taktische Disziplin über 90 Minuten gestimmt“, sagte Herthas Trainer. Er, wie auch der Manager, bescheinigten Marcelinho eine „Weltklasseleistung“. Hoeneß sagte: „Seine Klasse ist, dass er Spiele entscheiden kann.“

Niko Kovac, der dem Brasilianer den Rücken frei hielt und gleichzeitig den Bremer Spielmacher Micoud beschattete, applaudierte, als Marcelinho vom Feld ging. Nach dem Abpfiff rückte er aber das Kräfteverhältnis innerhalb der Mannschaft zurecht: „Wir können ohne Marcelinho nicht, aber er kann auch ohne uns nicht.“

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