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Hoch den Ball. Kawika Shoji (am Ball) überzeugt bei den Berlin Volleys mit präzisen Zuspielen. Mit den Berlinern ist er bereits zweimal Deutscher Meister geworden. Foto: Imago

© imago sportfotodienst

Sport: Ein Surfer in der Halle

Mit dem Hawaiianer Kawika Shoji kam der Erfolg zu den Berlin Volleys. Heute wollen sie den europäischen Spitzenklub Trentino bezwingen.

Berlin - Am Dienstagmorgen betritt ein Hauch von Hawaii die kleine Bäckerei in der Schloßstraße in Berlin-Charlottenburg. Zwar trägt Kawika Shoji eine dicke Daunenjacke und einen voluminösen Schal, den der Volleyballprofi auch während des Gesprächs nicht ablegt. Doch das Sweatshirt lässt erkennen, dass dies ein Mann aus Honolulu ist, in dessen Herzen Hawaiis Sonne strahlt: Es ist von einer Surferfirma hergestellt.

Zwar muss Kawika Shoji das Surfen mangels Gelegenheiten in Berlin hintanstellen. Allerdings hat er sich durchaus schon einmal überlegt, vor oder nach einem Bundesliga-Auswärtsspiel im Münchner Vorort Unterhaching die Surferwelle auf dem Münchner Eisbach auszuprobieren. „Aber da dürften Manager Kaweh Niroomand und Trainer Mark Lebedew etwas dagegen haben – zu gefährlich“, sagt er lachend. Eigentlich weilt der 26 Jahre alte US-Amerikaner, dessen Urgroßeltern aus Japan stammen, auch in der Hauptstadt, um mit den Berlin Volleys Spiele zu gewinnen. So auch am Mittwoch in der Champions League gegen das europäische Spitzenteam Trentino (19.30 Uhr, Max-Schmeling-Halle).

„Wir wollen jedes Spiel gewinnen, auch gegen einen Klub, der schon alle Titel errungen hat“, sagt Kawika Shoji. Zwar haben die Berliner den Einzug in die Play-offs der Champions League bereits sicher, trotzdem sorgt allein der prominente Name des Gegners für Motivation genug. Hinzu kommt, dass die Berliner in der Max-Schmeling-Halle in dieser Saison noch kein Spiel verloren haben. „Die Stimmung in unserer Halle gehört zu den besten in Europa“, lobt Shoji.

Wie wertvoll der US-amerikanische Zuspieler für die Berliner ist, lässt allein schon seine persönliche Bilanz erkennen. Seit er vom Collegemeister Stanford über Tampere 2011 zu den Berlinern stieß, sind die Volleys in jedem Jahr Deutscher Meister geworden. Eigentlich war er zunächst als zweiter Zuspieler eingeplant gewesen, doch schon in seiner ersten Saison überflügelte er den langjährigen Berliner Zuspieler Jaroslav Skach. „Das war nicht einfach für ihn“, erinnert sich Shoji, „aber wir haben uns als Mannschaft gut entwickelt.“ Zwei Meistertitel stehen mit dem Hawaiianer als Zuspieler Nummer eins zu Buche, in dieser Saison hat das Team auch erstmals seit 2005 wieder das Pokalfinale erreicht. Seine präzisen und überraschenden Zuspiele sorgen für einen Sonderapplaus bei den Fans. Trotzdem sagt er selbstkritisch: „Ich möchte noch konstanter werden.“

Seine Aufwärtsentwicklung dokumentieren auch die Einsätze im Nationalteam der USA. Lange Zeit gehörte er dem B-Kader seines Heimatlandes an, doch in diesem Jahr haben ihn die Trainer erstmals ins A-Team berufen. Dort ist seine Rolle noch nicht geklärt. „Ich war mal erster, zweiter oder auch dritter Zuspieler“, berichtet er. Die Trainer suchen nach dem überraschenden Aus im Viertelfinale in London noch nach einer Formation für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016. „Dort dabei zu sein, ist mein Traum“, sagt Kawika Shoji. Er könnte ihn sich mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Erik erfüllen, der beim Weltcup in Tokio ebenfalls seine Premiere als Libero im US-Nationalteam feierte.

Die beiden Shoji-Brüder sind mit Volleyball aufgewachsen, ihr Vater David arbeitet seit 38 Jahren als Volleyballtrainer der Frauenmannschaft der Universität von Hawaii. „Ich denke, es war unvermeidbar, dass wir Volleyball spielen“, sagt Kawika Shoji lächelnd, „wir waren immer mit in der Halle.“ Sein Vater steht mitunter nachts auf, um die Champions-League-Spiele seiner Söhne im Livestream zu verfolgen. „Er kennt alle meine Mitspieler und gibt mir Tipps“, verrät Kawika Shoji: „,Da hättest du diesen Spieler anspielen sollen’ ...“ Nur die Schwester hat sich erfolgreich dem Familiensport verweigert.

Kawika Shoji hegt aber auch noch einen entfernteren Traum. „Nach 2016 würde ich gerne als Beachvolleyballprofi spielen“, sagt er. Bei den Berlin Volleys würde nur noch Paul Carroll ebenfalls diese Idee verfolgen. Kawika Shoji studiert bereits intensiv die Ergebnisse der US-Beachtour. Zwar hat er in seiner Jugend bereits Beachvolleyball gespielt, trotzdem ist es kein einfacher Schritt. „Es ist leichter, vom Hallenvolleyball zu leben“, erklärt er. Beim Beachvolleyball wäre er freilich dem Wasser wieder etwas näher. „Das vermisse ich am meisten in Berlin“, sagt Kawika Shoji. Er hat allerdings auch eine Idee, wie er dieses Manko ein wenig schmälern kann: „Vielleicht werde ich es im Frühjahr mal mit Stehpaddeln auf dem Wannsee versuchen.“

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