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Sport: Ein Team vertraut sich

Deutschlands Gegner Frankreich hat sich im Turnierverlauf kontinuierlich gesteigert

Details wollte Claude Onesta nicht verraten. Gefragt nach der Leistungsexplosion seines Torwarts Thierry Omeyer, der im WM-Viertelfinale Frankreichs gegen Kroatien mit 55 Prozent gehaltener Würfe sehr gute Werte erreichte und so den klaren 21:18-Sieg ermöglichte, wollte der Cheftrainer der Franzosen nur so viel preisgeben. „Zuerst, haben wir ihm alle gesagt, dass wir ihn lieben“, sagte Onesta. „Dann haben wir ihm unser Vertrauen geschenkt. Und dann habe ich bei meinem Kollegen Heiner Brand nachgefragt, welches Rezept er bei Henning Fritz angewandt hat, dieses haben wir uns auf geheimen Wegen besorgt und Thierry gegeben. Und das ist eigentlich alles.“ Und dann verschwand Onesta mit seinem Schmunzeln aus den Katakomben der Kölnarena.

Die Form des 30jährigen Torwarts vom THW Kiel dürfte einer der wichtigsten Faktoren beim heutigen Halbfinale der Handball-Weltmeisterschaft gegen Deutschland (17.30 Uhr, live im ZDF) sein. Beim deutschen 29:26-Sieg in der Hauptrunde in Dortmund hatte Omeyernur drei von 27 der deutschen Würfe pariert. Trotz der Leistungssteigerung sieht Onesta sein Team, das als Topfavorit in das Turnier gegangen war, nun „in der Außenseiterrolle nach dem Ergebnis in Dortmund, und das ist mir auch wesentlich lieber“. Der Druck liege jetzt eindeutig bei den Deutschen, findet Onesta. Ein psychologischer Schachzug, den sein Kollege Brand indes sofort wieder konterte: „Der liebe Herr Onesta kann das ja gern sagen, aber mit diesen Leuten im Rückraum kann er uns die Favoritenrolle nicht aufdrücken“, sagt der Bundestrainer.

Bereits nach Schlusspfiff machten sich viele Akteure des Europameisters Gedanken über das traditionell heiße Duell gegen den deutschen Erzrivalen. „Das wird sehr schwer für uns, denn 19 000 Menschen sind gegen uns“, wusste Linkshänder Cedric Burdet, der die Halle aus seinen drei Profijahren beim VfL Gummersbach kennt. Denn ab und an macht der Bundesligist mal ein Gastspiel in der Arena. Er geht ohnehin von einer klaren Benachteiligung der eigenen Mannschaft aus. „Seit dem Beginn des Turnier haben die Schiedsrichter den Deutschen sehr geholfen“, meint Burdet. „Wenn wir nach dem Spiel eine tadellose Schiedsrichterleistung gesehen haben, dann sind wir alle zufrieden“, sagte Onesta.

Trotz der dunklen Vermutungen und der Hauptrunden-Niederlage hat die Stimmung der Franzosen keineswegs gelitten; spätestens die spektakulär erfolgreiche Arbeit der aggressiven 3:2:1-Deckung, mit der vor allem die Spitze Bertrand Gille am Dienstag die Kreise des genialen kroatischen Regisseurs Balic fast im Alleingang zerstörte, hat dem Europameister wieder das nötige Selbstbewusstsein verschafft. „Alle Spieler sind bereit, wir freuen uns auf ein großes Handballspiel“, sagt Narcisse, den Bundestrainer Brand weiterhin als stärksten Spieler des französischen Rückraums betrachtet; dass hier neben Narcisse mit Jerome Fernandez (FC Barcelona) und Nikola Karabatic (THW Kiel) ausschließlich Rechtshänder spielen, ist allerdings ein gehöriger spieltaktischer Nachteil des deutschen Halbfinalgegners.

Ob die Franzosen ihren sehr physischen Handballstil durchhalten können, ihr hohes Tempo in der Verteidigung, das könnte sich neben der Torwartposition als zweiter Schlüssel dieses vorgezogenen Finals erweisen. Im Viertelfinale gegen Kroatien ließ Onesta sieben Feldspieler beinahe durchspielen, erstmals in diesem Turnier. „Ich habe mich schon gewundert, wie kaputt die Franzosen im Viertelfinale aussahen“, sagte der deutsche Nationalspieler Christian Zeitz, der mit seiner Erfahrung aus von sieben Meisterschaften seit 2001 weiß, dass die Kraft eine immer größere Rolle spielt, je länger das Turnier andauert.

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