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Ratz-fatz ins Tor. Simone Laudehr trifft mit diesem noch abgefälschten Schuss in der 26. Minute zum 1:0. Gegen Schweden im Halbfinale braucht die deutsche Mannschaft aber neben Glück auch wieder deutlich mehr fußballerische Klasse. Foto: AFP

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Sport: Ein Tor und viel Schweiß

Die deutschen Fußballerinnen mühen sich bei der EM durch ein 1:0 gegen Italien ins Halbfinale.

Simone Laudehr kam fix und fertig vom Spielfeld, auf das um 19.50 Uhr mit dem Abpfiff noch die skandinavische Abendsonne grell brannte. „Das war eine brutale Hitze“, sagte die 27-Jährige. „Aber es ging um Alles oder Nichts und wir wollten unbedingt gewinnen. Irgendwann liefen die Beine von alleine“, erklärte die Weltmeisterin 2007 nach dem 1:0 (1:0) der deutschen Frauen-Nationalmannschaft im Viertelfinale der Europameisterschaft gegen Italien.

Der Schweiß lief der Frau aus Franken in kleinen Bächlein das Gesicht herunter. Sie war die Spielerin des Abends, die Uefa kürte die Mittelfeldspielerin des 1. FFC Frankfurt zur „Women of the Match“. Laudehr, die nach einer komplizierten Knieverletzung lange pausieren musste und erstmals 90 Minuten durchspielte, erzielte vor 9265 Zuschauern im brütend heißen Stadion von Växjö das Tor des Tages.

Nun trifft der siebenmalige Europameister am Mittwoch in Göteborg auf Schweden, das durch ein 4:0 gegen Island ins Semifinale einzog. Um den Gastgeber, der bisher 13 Tore im Turnier erzielte, zu schlagen, und im Finale am Sonntag in Solna bei Stockholm den Titel zu verteidigen, muss sich die Mannschaft aber weiter steigern. „Die Schweden sind sicher Favorit, aber warum sollte meine junge Mannschaft Angst haben. Sie gehört zu den besten vier Teams in Europa. Das ist fantastisch“, sagte Neid.

Es war auch ein Erfolg für die Bundestrainerin, die die personell richtigen Entscheidungen traf, nachdem sie nach dem 0:1 gegen Norwegen in die Kritik geraten war. „Ich mache meine Arbeit. Eine Genugtuung ist der Sieg deswegen für mich nicht“, sagte die 49-Jährige, die zugab, dass das Spiel für sie ein Härtetest war. „Die Hitze und das Coachen gegen die Sonne war sehr anstrengend. Aber die Sonnenbrille rausholen und italienisch aussehen, habe ich mich nicht getraut“, sagte Neid.

Laudehrs Tor in der 26. Minute bedeutete den zweiten Sieg im vierten Turnierspiel für das deutsche Team und könnte den Durchbruch bedeuten. „Ab dem Viertelfinale sind alles Endspiele. In jedem kann man ausscheiden, aber wir wollen als Team bestehen“, sagte Laudehr.

Den deutschen Sieg erlebten im Stadion auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, sein Generalsekretär Helmut Sandrock und Ex-Präsident Theo Zwanziger live mit. Niersbach eilte nach dem Schlusspfiff auf den Rasen, stellte sich in den Kreis der Spielerinnen und hielt eine kleine Motivationsansprache. Letztlich hatte die auf drei Positionen veränderte Elf dem Druck standgehalten. „Wir haben einen Charaktertest bestanden“, sagte Kapitänin Nadine Angerer.

Neid hatte auf die talentierte Spielmacherin Dzsenifer Marozsan zunächst verzichtet, Melanie Leupholz kam gar nicht zum Einsatz, dafür stand die erfahrene Anja Mittag in der Startelf. Wenig erfreulich war, dass Celia Okoyino da Mbabi wegen einer Oberschenkel-Zerrung ausgewechselt werden musste und für das Schweden-Spiel fraglich ist.

Gegen Italien lagen die besseren Torchancen auf deutscher Seite, doch die erste Gelegenheit hatten die Italienerinnen. Einen Eckstoß in der 2. Minute wehrte Saskia Bartusiak mit dem Kopf zu kurz ab, sodass der Ball auf der Latte landete. Neid stand am Spielfeldrand, hielt sich ob der Sonne die Hand über die Augen und sah, wie ihr Team zwar mehr Spielanteile hatte, aber letztlich aber auch diesmal nicht ihr Leistungsvermögen voll ausschöpfen konnte. Insgesamt blieben die Pässe meist zu unpräzise, Flüssiges Kombinationsspiel konnte so nur äußerst selten entfaltet werden.

Der Siegtreffer fiel etwas kurios nach einem Eckstoß, als Laudehr aus 14 Metern abzog und Elisa Bartoli den Ball unhaltbar für Torfrau Chiara Marchitelli ins Netz abfälschte. „Ich habe draufgehalten. Von welchem Bein der Ball ins Tor geht, ist mir total egal. Das ging ratz-fatz. So genau gesehen habe ich das selbst nicht“, sagte Laudehr. Die frühere Duisburgerin hofft wie ihre Kolleginnen, dass das Glück der deutschen Mannschaft in diesem Turnier damit noch nicht aufgebraucht ist.

Gregor Derichs[Växjö]

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