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Sport: Ein Träumer

Woronin will die Champions League gewinnen

Als kleiner Junge hatte Andrej Woronin einen großen Traum: „Ich wollte unbedingt einmal im Stadion Bernabeu spielen“, erzählt der 25-jährige Stürmer von Bayer Leverkusen. Diesen Traum hat er sich inzwischen verwirklicht. Beim 1:1 vor zwei Wochen bereitete er Leverkusens 1:0-Führung mit einem Flugkopfball vor. Weil ein Leben ohne Ziel sinnlos ist, hat sich Woronin jetzt neue Ziele gesetzt: „Ich will die Champions League gewinnen“. Das sagt er ganz im Ernst. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum sich das entscheidende Gruppenspiel heute Abend gegen Dynamo Kiew (20.45 Uhr, live auf Sat1) für Woronin als eine besondere Angelegenheit darstellt.

Zum einen beunruhigt ihn die politische Situation in seiner Heimat. Die orange Revolution hat ihn wie alle Ukrainer tief bewegt. Woronin befürchtete einen Bürgerkrieg. „Ich telefoniere fast täglich nach Hause“, erzählt er. Dass die Präsidentenwahl nun wiederholt wird, findet er gut.

Woronin war 16, als er seine Heimatstadt Odessa verließ und nach Deutschland ging. Dynamo Kiew, der heutige Gegner, ist immer noch sein Traumverein. Dort spielen sechs seiner Kollegen aus der Nationalmannschaft, und natürlich wird die ganze Ukraine den Auftritt des pfeilschnellen Stürmers auf der gegnerischen Seite beobachten. Bereits die 2:4-Niederlage im Hinspiel geriet daher für Woronin zu „einem ganz besonderen Spiel“, wie sich auch Bayers Trainer Klaus Augenthaler noch gut erinnert. Woronin wurde erst in der 53. Minute eingewechselt, erzielte ein Tor, bereitete ein weiteres vor und kassierte dann wegen Meckerns die gelb-rote Karte. „Vielleicht war er damals ein bisschen überdreht“, sagt Augenthaler, „aber das wird ihm eine Lehre sein.“

Dass Woronin in Kiew vor Energie förmlich strotzte, war kein Wunder. Bis dahin hatte er seine Qualitäten in Leverkusen noch nicht beweisen können. Im Sommer war er vom 1. FC Köln nach Leverkusen gekommen, anfangs jedoch nur eingewechselt worden, weil er nicht an den beiden Stürmern Berbatow und Franca vorbeikam. In Kiew erhielt er seine Chance, „und die hat er auch sofort genutzt“, sagt Augenthaler. Seitdem hat Woronin den schwächelnden Brasilianer Franca verdrängt.

In den letzten neun Pflichtspielen traf er sieben Mal, dazu kamen wichtige Torvorlagen, und mit dem Sturmpartner Berbatow versteht er sich immer besser. Trainer Augenthaler ist mit dem Ukrainer deshalb so zufrieden, „weil er sein Pensum auch dann abspult, wenn sich die anderen Spieler ein bisschen hängen lassen“. Woronins Leistungen seien nicht von Stimmungen abhängig.

Ist Woronin in der Form seines Lebens? „Ich hatte auch eine sehr gute Zeit in Mainz“, sagt er. Aber er fühlt sich doch erkennbar wohl in Leverkusen. Bei Borussia Mönchengladbach, wo er Mitte der Neunzigerjahre mit Sebastian Deisler im Jugendinternat wohnte, wurde Woronin noch eine mangelnde professionelle Einstellung vorgeworfen, und als er nach dem gelungenen Intermezzo in Mainz 2003 zum 1. FC Köln wechselte, stoppten ihn eine Reihe von kleineren Verletzungen. Jetzt genießt er die Ruhe im derzeit unaufgeregten Milieu Leverkusens.

Sollte Köln wieder aufsteigen, muss Woronin zum FC zurückkehren. Sein Vertrag dort läuft noch bis 2007. Jedenfalls dann, wenn Bayer keine Ablöse zahlt. Sollte sich jedoch auch der zweite Traum des Stürmers erfüllen, und Leverkusen gewänne tatsächlich die Champions League, dann würde Woronin womöglich zu teuer werden für Bayer.

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