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Sport: Ein Unterschied an Klasse

Begeisterung allein reicht dem 1. FC Köln nicht zum Verbleib in der Bundesliga

Die Verheißungen waren groß im Juni 2004. Der 1. FC Köln werde „nie mehr Fahrstuhlverein sein“, sondern „in ein paar Jahren wieder zu den Spitzenklubs in Deutschland gehören“, hatte Alt-Nationalspieler Wolfgang Overath den Mitgliedern versprochen, bevor diese ihn zum Präsidenten des Klubs kürten. Und zu Beginn der Saison wagte sogar Claus Horstmann, der ansonsten zurückhaltende Finanzgeschäftsführer des Klubs, eine scheinbar wenig kühne Prognose, als er die fünf Millionen Euro schwere Fan-Anleihe vorstellte. „Mit einem solchen Etat ist noch keine Mannschaft aus der Bundesliga abgestiegen“, sagte er angesichts des Etats in Höhe von 43 Millionen Euro. Jetzt kommt doch alles anders.

Am Dienstagabend verriet die Körpersprache Overaths, dass er sein Gelöbnis nicht einhalten kann. Das 0:1 (0:1) gegen den Hamburger SV, dem ein frühes Eigentor von Sinkiewicz zum Sieg reichte, lähmte den Verein. Minutenlang verharrten Heilsbringer Overath und seine Entourage wortlos auf der Haupttribüne, während der größte Teil der 50 000 Zuschauer schweigend und mit hängendem Kopf das Stadion in Köln-Müngersdorf verließ. Ein sicheres Zeichen dafür, dass sich der vierte Abstieg seit 1998 nicht mehr verhindern lässt.

„Ich stehe voll hinter der Leistung dieser Mannschaft“, sagte Trainer Hanspeter Latour. Sein Team hatte sich in den letzten 20 Minuten eine Serie von Torchancen erarbeitet. Doch wie so häufig in dieser Saison stand den FC-Angreifern kein Glück und wenig Geschick zur Seite. Der Schweizer Coach war indes realistisch genug, die Defizite zu sehen: „Manchmal fehlte uns auch die Klasse.“ Nicht unwahrscheinlich, dass der Klub den Abstieg bei einem früheren Engagement Latours hätte verhindern können. Denn sein kühler Realismus tat der Mannschaft und dem traditionell hitzigen Umfeld gut. Latour bekam nach einigen Wochen Anlaufphase das hin, was sein geschasster Vorgänger Uwe Rapolder nie vermocht hatte: Er kurierte den Schlüsselspieler Lukas Podolski von seiner Formkrise und stabilisierte die fahrige Abwehr. Doch die Aufholjagd, die der Klub mit dem 4:2-Sieg bei Hertha BSC startete, kam zu spät. Die Serie von 18 Spielen ohne Sieg, die der Klub zuvor hingelegt hatte, erwies sich als nicht zu kompensierende Hypothek.

Für Kölner Fans bleibt die unerwartete Erkenntnis, dass auch die Fußballkompetenz eines Wolfgang Overath nichts an der zuletzt verheerenden Einkaufspolitik ändern konnte. Die Neueinkäufe Madsen, Lurling, Schlicke, Grammozis und Zivkovic erwiesen sich als Ausfälle, Szabics und Evanilson waren ständig verletzt, und der türkische Nationalspieler Alpay machte auch beim FC mit spektakulären Fouls auf sich aufmerksam. Allein Streller und Cabanas, die mit Latour kamen, taten dem FC gut.

Nicht wenige prophezeien dem dreimaligen Deutschen Meister nun den Absturz, da das Publikum die ewige Reise zwischen Erster und Zweiter Liga satt habe. Gegen diese These spricht jedoch die jüngste Vergangenheit. Während der FC in den achtziger Jahren oft vor leeren Rängen um den Meistertitel spielte, verzeichnete der Klub in den letzten Jahren des Niedergangs Zuschauerrekorde. Das könnte Mut machen für die Zweite Liga.

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