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Das Ende des Wegs.

© dpa

Sport: Ein unvollendeter Jugendtraum

Die deutsche Mannschaft verlässt gegen ballsichere Spanier der Mut. Nach dem 0:1 im Halbfinale bleibt die Sehnsucht nach dem Titel. Im Trostspiel um Platz drei trifft das Team auf Uruguay

Puyol traf in der zweiten Hälfte per Kopf zum Sieg

Den Platz wollte Bastian Schweinsteiger einfach nicht verlassen. Als ob er darauf hoffen würde, dass sich doch noch eine Chance bieten würde zum Ausgleich für die deutsche Mannschaft. Aber das Spiel war abgepfiffen, das Turnier für Deutschland in seinem Kernteil beendet. Die Sehnsucht nach dem Finale bleibt unerfüllt, und wie groß die Enttäuschung darüber ist, ließ sich nicht nur an Schweinsteigers hängenden Schultern und leerem Blick ablesen. Gegen nüchternen Systemfußball der Spanier fand die bisher so erfrischend aufspielende Nationalelf im Halbfinale kein Mittel. Das Spiel glich dem EM-Finale von 2008. Und auch das Ergebnis war dasselbe: 0:1 (0:0). Deutschland spielt nun am Samstag gegen Uruguay um Platz drei, Spanien steht zum erstmals im Finale einer WM und trifft am Sonntag auf Holland.

Während Kapitän Philipp Lahm mit den Tränen kämpfte, wirkte Bundestrainer Joachim Löw gefasst. „Die Spanier haben uns an die Grenzen unserer Möglichkeiten gebracht. Manche Hemmungen konnten wir nicht richtig abbauen“, sagte Löw und stellte anerkennend fest: „Letztendlich hat Spanien toll gespielt.“

Unbedeutend blieb, dass das Spiel in Durban stattfand, wo die Deutschen ihr erstes Glanzstück dieser WM angefertigt hatten, das 4:0 gegen Australien, und wo die Spanier trotz ihrer Favoritenrolle so verdreht in das Turnier gestartet waren, mit einem 0:1 gegen die Schweiz. Eine gefestigte spanische Mannschaft begann dafür jetzt dieses Halbfinale vor 60 960 Zuschauern und eine fast schon ungewohnt statische deutsche. Der Ball lief von einem spanischen Fuß zum anderen, fand schon in der sechsten Minute den rechten von David Villa, dessen Schuss Manuel Neuer abwehrte. Und nach einer Viertelstunde landete der Ball auf dem Kopf von Carles Puyol, der ihn über die Latte beförderte.

Halbherzig bestrittene Zweikämpfe waren ein Grund dafür, warum sich die deutsche Mannschaft den Rhythmus vorgeben lassen musste. Ungenaue Zuspiele ein anderer. Wenn sich in der ersten Halbzeit einmal die Gelegenheit zu einem entlastenden Angriff bot, beendete ihn meist ein Fehlpass. Thomas Müller, der wegen zweier Gelber Karten gesperrt auf der Tribüne saß, hätte an der Gesamtsituation wohl auch nur wenig ändern können. Der für ihn in die Mannschaft geholte Piotr Trochowski hatte nach einer halben Stunde die erste nennenswerte Gelegenheit der deutschen Mannschaft, Iker Casillas lenkte seinen Distanzschuss zur Ecke.

Die personelle Umstellung im spanischen Team machte sich ohnehin stärker bemerkbar als die im deutschen. Pedro, der für Fernando Torres spielte, konnte die Abwehr der Deutschen mehrfach verwirren, am meisten zu schaffen machte allerdings die rechte spanische Seite, auf der Sergio Ramos so ungestüm Druck machte, als sei er gar nicht für die Abwehrkette eingeteilt. Die meiste Arbeit hatte in der Anfangsphase daher der deutsche Verteidigungsriegel, der den Spaniern ein ums andere Mal den Einlass in die Gefahrenzone verwehrte. Zeit zum Nachrücken in die Offensive blieb dadurch kaum. Erst kurz vor der Halbzeit tauchte Mesut Özil noch einmal im Strafraum auf, verstolperte diese Chance aber.

Eine neue, mutige deutsche Mannschaft schien doch eigentlich die Spanier herauszufordern zu wollen. Darauf deutete der bisherige Verlauf der WM hin mit den furiosen Siegen gegen England und Argentinien. Und beinahe die Hälfte der deutschen Elf, fünf Spieler an der Zahl, war nicht dabei, als die Nationalelf das Finale der EM 2008 verlor. Die Frische wehte diesmal jedoch nicht über den Rasen.

Ausnutzen konnten das die Spanier lange nicht. Aus der zweiten Reihe flogen ihre Schüsse heran. Nach knapp einer Stunde war es erst das Geschick Neuers, dann das Glück, was den Rückstand verhinderte. Pedros Schuss konnte Neuer abwehren, den Abpraller schnappte sich Andres Iniesta, seine Hereingabe rollte vorbei an Freund und Gegner – und auch am ausgestreckten Bein von David Villa. Es war die bis dahin gefährlichste Szene.

Mit Marcell Jansen für Jerome Boateng und Toni Kroos für Trochowski wollte Löw dem Spiel eine andere Wendung geben. Was auf dem Rasen vor sich ging, bereitete ihm offensichtlich jede Menge Kopfzerbrechen, nervös lief er durch die Trainerzone. Seine Mannschaft verschaffte ihm nur wenig Entspannung. Es fehlten mutige Einzelaktionen oder schnelle Gemeinschaftsaktionen. Immerhin gelang die bis dato beste Chance, als Kroos eine Flanke von Lukas Podolski Dropkick nahm und an Casillas scheiterte. Doch nur kurz darauf passierte das, was sich mehrfach angedeutet hatte: das Führungstor für Spanien. Nach einer Ecke wuchtete der heranfliegende Puyol den Ball per Kopf ins Tor.

Die jetzt nach vorne orientierte Nationalelf öffnete den Spaniern Lücken zum Kontern. Einmal konnten sie jedoch selbst eine Zwei-zu-eins-Situation mit Pedro und dem eingewechselten Torres nicht zum 2:0 nutzen. Aber auch die Angriffsbemühungen der Deutschen blieben ohne Ergebnis, die Unbekümmertheit kehrte nicht noch einmal zurück. „Die Spanier sind seit drei Jahren eingespielt“, sagte Löw, „wir seit sechs, sieben Wochen“.

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