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Sonnenkönig. Forlan feierte sich selbst, seinen Klub und seine Heimat. Foto: dpa

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Sport: Ein Uruguayer verzückt Spanien

Durch zwei Tore von Diego Forlan besiegt Atletico Madrid den FC Fulham im Finale der Europa League 2:1

So viel Uruguay war selten in Hamburg. Diego Forlan hatte sich eine Fahne seines Heimatlandes um die Schultern gelegt, und weil dieser Diego Forlan eine nicht ganz unwichtige Rolle gespielt hatte in diesem Finale der Europa League, machten alle Kameraleute Jagd auf ihn. Sie fingen Bilder des Jubels ein, und immer dabei war die blau-weiß gestreifte Fahne mit der großen, lachenden Sonne, „sol de mayo“ nennt man sie in Südamerika. Maisonne also, das passte perfekt zu dieser Frühlingsnacht im Hamburger Volkspark, in der Diego Forlan beide Tore schoss zum 2:1-Sieg von Atletico Madrid über den FC Fulham. „Der unsterbliche Uruguayer“, titelte die Sportzeitung „Marca“. „El País“ machte es eine Nummer kleiner mit „Simplemente Forlan“, einfach nur Forlan, was mehr im Sinne des Helden war, „denn Toreschießen ist nun mal mein Job“.

Es ist ein Job, den kaum jemand in der Primera Division so gut macht wie Diego Forlan. Zweimal schon war er „Pichichi“, so nennen die Spanier den Schützenkönig der Liga. „Das war fantastisch“, sagte der 30 Jahre alte Stürmer aus Montevideo, „aber die Tore in der Europa League waren noch wichtiger, denn jetzt haben wir endlich einen Titel.“ Der vorige war 14 Jahre alt und ein bisschen angestaubt.

Der Club Atletico de Madrid hat in Spanien den Ruf als ewiger Verlierer. Sinnbildlich dafür steht ein anderes Finale, das im Europapokal der Landesmeister 1974 gegen den FC Bayern, als Georg Schwarzenbeck in letzte Minute der Verlängerung noch den 1:1-Ausgleich schaffte und die Münchner das Wiederholungsspiel 4:0 gewannen. 36 Jahre lang hat Atletico dieses Trauma mit sich herumgeschleppt und dann in Hamburg die schöne Erfahrung gemacht, dass finale Verlängerungen nicht unbedingt Leidenszeiten sein müssen.

In Erinnerung bleiben wird vor allem Forlans spielentscheidendes 2:1. Wie sein argentinischer Angriffskollege Sergio Agüero auf der rechten Seite geduldig wartete, bis Forlan in Stellung gesprintet war. Neben ihm lief Fulhams Norweger Brede Hangeland um sein Leben, aber das war nicht genug in dieser 116. Minute. Forlan befand sich in denkbar ungünstiger Position, mit dem Tor und Hangeland in seinem Rücken, und er löste dieses Problem, wie es nur ein großer Stürmer kann. Mit dem Außenrist des rechten Fußes touchierte er den heranfliegenden Ball und gab ihm so viel Effet, dass er ins rechte Eck flog, ein paar Zentimeter nur vorbei an der weit ausgestreckten Hand von Fulhams Torhüter Mark Schwarzer.

„Ein großartiges Tor“, sagte Fulhams Trainer Roy Hodgson und dass er seinem Verteidiger keine Vorwürfe mache, „er hat alles gegeben, aber Forlan war einen Schritt schneller“. Auf dem riesigen Videowürfel war zu sehen, wie Hugh Grant in seiner Loge die Hände über dem Kopf zusammenschlug. Fulhams prominentester Fan litt so still, wie der Torschütze unten auf dem Rasen feierte. Im Augenblick des Triumphes gab Forlan erst seinem Gegenspieler die Hand, bevor er sich zu den jubelnden Kollegen trollte. Die „Times“ verkündete anderntags: „Diego Forlan zerschmettert Fulhams europäischen Traum!“

Diego Forlan und England, das ist eine komplizierte Beziehung. Vor acht Jahren war er mit großen Hoffnungen zu Manchester United gekommen, aber es reichte in zwei Jahren nur zu zehn Toren und einem Platz auf der Ersatzbank. Weil Forlan nicht vorbeikam an Ruud van Nistelrooy und Wayne Rooney, drängte er bei Alex Ferguson auf einen Wechsel – in aller Freundschaft. „Ich bin Alex sehr dankbar, dass er mich hat gehen lassen. Ich habe in Manchester mit den besten Spielern der Welt gespielt, da war es sehr schwer, einen Stammplatz zu bekommen.“ Beim FC Villarreal stieg Forlan sofort auf zum Pichichi. Vor einem Jahr gelang ihm dasselbe Kunststück mit Atletico, und in Hamburg gab er den Fans das Gefühl, sie seien die Könige von Europa. Noch in der Nacht zu Donnerstag feierten sie rund um den Neptunbrunnen von Madrid Forlans Tore, was „Marca“ zu blumigen Formulierungen inspirierte: „Der Uruguayer war Neptun, Gott der europäischen Meere und Häuptling der rot-weißen Familie.“

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