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Ein Verein protestiert: FC Sevilla: Wir sind eine Gurkentruppe

Die spanische Gurke kam in der Ehec-Epidemie ziemlich schlecht weg. Die Fußballer des FC Sevilla verteidigen die Gurke auf ihren Trikots.

Berlin - Die Sache mit den Deutschen konnte Jose María del Nido nicht unbeantwortet lassen. Zu sehr hatte sie ihn gekränkt. Und so entschloss sich der Präsident des FC Sevilla zu einer ungewöhnlichen Aktion: Weil deutsche Behörden im Mai zunächst fälschlicherweise spanisches Gemüse für den Ausbruch der Ehec-Epidemie verantwortlich gemacht hatten, ist auf den Trikots des spanischen Erstligisten in dieser Saison am Ärmel eine grüne Gurke zu sehen. Darunter prangt die Aufschrift: „I love pepinos – Ich liebe Gurken.“ Die Aktion sei symbolischer Natur, „zur Verteidigung der spanischen Gurke, nachdem sie diesen Krieg mit Deutschland hatte“, wie del Nido begründete. Der Rechtsanwalt stammt aus Andalusien, der Region Spaniens, in der am meisten Gurken angebaut werden.

Das Schicksal will es so, dass del Nidos Mannen ihre Gurken-Trikots nun ausgerechnet in Deutschland erstmalig bei einem offiziellen Pflichtspiel präsentieren könnten. In der Qualifikation zur Europa League tritt der FC Sevilla heute Abend (20.30 Uhr, live im ZDF) zuerst bei Hannover 96 an, ehe es sieben Tage später dann zum Rückspiel in Spanien kommt. Dabei geht es für Sevilla um weit mehr, als nur die Ehre der einheimischen Gemüsebauern zu rächen: Die Teilnahme an der Europa League würde für den Verein die Chance erhöhen, in diesem Jahr einen Titel zu gewinnen. In der Meisterschaft rechnet nämlich niemand ernsthaft damit, dass der Titelträger nicht Real Madrid oder FC Barcelona heißen wird. Und natürlich ist die Europa League finanziell eine weitere Einnahmequelle, wobei der FC Sevilla das Geld aus dem internationalen Wettbewerb gar nicht so dringend benötigt. Im Gegensatz zu den meisten Klubs aus dem Land des Weltmeisters ist man nämlich schuldenfrei. Seit del Nido vor neun Jahren das Amt des Präsidenten übernommen hat, wird beim FC Sevilla seriös gewirtschaftet. Vor allem das eigene Nachwuchs- und Scoutingsystem verschafft dem Klub immer wieder Millioneneinnahmen. Verkäufe von Entdeckungen wie Dani Alves, Sergio Ramos, Adriano oder Didier Zokora haben in den vergangenen Jahren sehr viel Geld eingebracht. Bei Neuverpflichtungen schaut man dagegen nach kostengünstigen oder ablösefreien Spielern wie dem ehemaligen Hamburger Piotr Trochowski, der nun für Sevilla spielt und Teamkollege des früheren Schalkers Ivan Rakitic ist.

Del Nidos Personalpolitik hat den einst finanziell schwer angeschlagenen Klub zwar saniert, sportlich ist der FC Sevilla in den vergangenen Spielzeiten aber etwas vom Kurs abgekommen. Vor fünf Jahren hatte es noch so ausgesehen, als könnte man zumindest vorübergehend Real Madrid oder den FC Barcelona herausfordern. Der Gewinn des Uefa-Cups 2006 und die Titelverteidigung ein Jahr später hatten Begehrlichkeiten geweckt bei den Fans. Doch außer dem spanischen Pokalsieg 2010 kam kein weiterer Titel hinzu. Ständige Trainerwechsel und der kontinuierliche Verkauf von Leistungsträgern hatten das Team zu sehr geschwächt. In der letzten Saison scheiterte man in der Qualifikation zur Champions League sogar am Außenseiter SC Braga – was Fans und Medien der Mannschaft besonders übel nahmen. Nun möchten die Spieler für Wiedergutmachung sorgen. „Wir wollen oben mitspielen und uns möglichst für die Champions League qualifizieren. Vieles hängt davon ab, wie wir in die Saison starten“, sagt Piotr Trochowski. Vielleicht ist es ja gerade die viel gescholtene spanische Gurke, die ihm und seinen Mannschaftskollegen in diesem Jahr Glück bringt.

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