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Sport: Ein Vorbild kehrt zurück

Warum der 39-jährige Wendell Alexis noch eine Saison beim MBC Basketball spielen will

Berlin. Nur der Beginn wird der übliche sein bei der Reise, die Wendell Alexis in der ersten Septemberwoche antritt. Wie so oft in den Jahren zuvor wird er nach seinem Urlaub in New York ein Flugzeug besteigen, wie so oft in den Jahren zuvor wird er in Deutschland landen, um seinem Beruf nachzugehen. Danach aber wird vieles neu sein. Der US-Amerikaner wird nicht in Berlin wohnen. Alexis sagt: „Ich suche mir eine Wohnung in Leipzig.“

Der Gedanke ist immer noch etwas gewöhnungsbedürftig. Wendell Alexis, der in seiner langen Karriere unter anderem für die Golden State Warriors, Real Madrid, Maccabi Tel Aviv, Alba Berlin und Paok Saloniki auflief, wird künftig in Weißenfels bei Leipzig Basketball spielen. Für den Mitteldeutschen BC, der in der vergangenen Saison gegen den Abstieg kämpfte. Es ist, als hätte der Fußballstar Roy Makaay beim VfL Bochum unterschrieben – allerdings als 39-Jähriger. Wie kam es zu dieser überraschenden Verbindung? „Ich wollte wieder in der deutschen Bundesliga spielen“, sagt Alexis. Er hat im vergangenen Jahr schlechte Erfahrungen gemacht. Erst fand er lange keinen Verein, dann bekam er bei Paok Saloniki sein Geld nur unpünktlich. Auch spielte bei seiner Entscheidung der neue Trainer des Mitteldeutschen BC eine große Rolle. „Coach Henrik Dettmann hat mich angerufen“, sagt Alexis, „sein Konzept hat mich überzeugt, und das Angebot war in Ordnung.“

Das Gehalt scheint nicht die größte Bedeutung zu haben. „Wegen des Geldes kommt Alexis nicht zum MBC“, sagt Dettmann. Gegenwärtig bereitet der Finne die deutsche Nationalmannschaft auf die Europameisterschaft vor, danach läuft sein Vertrag beim Deutschen Basketball-Bund aus. „Alexis hat immer ein gutes Leben in Deutschland gehabt, jetzt will er dem deutschen Basketball noch etwas geben“, sagt der Coach. Neben Alexis leistet sich der Mitteldeutsche BC auch den deutschen Nationalspieler Stephen Arigbabu und den Nachwuchsspieler Peter Fehse, an dem die Seattle Supersonics die Rechte für die Profiliga NBA besitzen. Hinzu kommen drei Litauer. Hat der Klub im Lotto gewonnen, wunderte sich ein Berliner Fan. „In Deutschland haben Köln und Alba weiterhin das meiste Geld“, sagt Dettmann, „wir spielen finanziell in der Liga von Hagen und Ludwigsburg.“

Auch die Nähe zu seiner langjährigen Heimat Berlin war für Alexis ein Argument für den MBC. Ab und zu wolle er, wenn sich die Gelegenheit ergebe, nach Berlin fahren. „Ich freue mich schon, ein paar Europaligaspiele von Alba zu sehen“, sagt Alexis. Zudem wird er in der Bundesliga mindestens zwei Mal gegen den Verein antreten, bei dem er sechs Jahre lang Publikumsliebling war und für den er 5922 Punkte erzielte. „Das wird sicher komisch werden, wenn ich mit einem Bus zur Max-Schmeling-Halle fahre und mich in der Gästekabine umziehen muss.“ Er dürfte erstmals als Gästespieler ähnlich viel Applaus erhalten wie bei Alba Berlin. Da die Berliner in dieser Saison den ehemaligen Leverkusener John Best verpflichteten, wird es unter den Körben zu einem alten Duell kommen: Best gegen Alexis. „Wir werden nur unterschiedliche Trikots anhaben“, sagt der 2,04 Meter große Power Forward.

Im Gegensatz zu seiner Berliner Zeit wird Alexis’ Familie weiter in New York wohnen. „Das wären zu viele Umzüge in zu kurzer Zeit“, sagt Alexis. Allerdings freut sich sein ältester Sohn, der in Berlin zur Schule ging, bereits auf mehrere Besuche in Deutschland.

Beim Mitteldeutschen BC soll Alexis einer jungen Mannschaft als Führungspersönlichkeit dienen. „Wir brauchen ein Vorbild“, sagt Dettmann. Auf Ziele möchte sich der Coach nur ungern festlegen lassen, das widerspricht seiner Basketball-Philosophie. „Ich hoffe, dass die Mannschaft den Henrik-Dettmann-Look haben wird“, sagt der Trainer, „das heißt: Kreativität, Mut, Kampf, Teamgeist und Bescheidenheit.“ Wendell Alexis hingegen sagt, dass er ins Pokalfinale und ins Meisterschaftsfinale will. Dettmann muss lachen, als er das hört. Dann sagt er: „Ich habe nichts dagegen, wenn sich die Spieler hohe Ziele setzen.“

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