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Sport: Ein wahrer Kämpfer

Christian Berge trotzt dem Krebs mit Handball

Mit den Händen schüttelte Christian Berge einen Stuhl, als wolle er ihn bestrafen. Dann trat er mit Wucht dagegen. „Ich war so wütend, da musste ich meinen Frust loswerden“, sagte der Norweger später. Er wollte es nicht wahrhaben: Schon wieder hatte ihn das Pech erreicht. Diesmal war es eine Zerrung. Eigentlich nichts Besonderes im Handball – für einen wie Berge schon. Über Monate hinweg hatte er Kraft daraus geschöpft, bei der Handball-EM für Norwegen spielen zu können. Tag für Tag, seit jenem 27. Oktober 2004, als die Ärzte bei ihm Lymphdrüsenkrebs diagnostizierten.

Hager geworden, ohne Haare, kraftlos und anfangs verzweifelt begann für Berge „ein anderes Leben“, wie er sagt. Es war nur auf eines ausgerichtet: das Comeback. Als es aufwärts zu gehen schien, wurde er im März 2005 mit einem Rückfall konfrontiert. Die Krankheit hatte sich in der Leiste eingenistet – es dauerte erneut ein halbes Jahr, bis er zum Sport zurückkehren konnte. „Ich glaube nicht an Schicksal. Ich habe Pech gehabt“, sagte er damals, und er kämpfte um seinen Körper, wie er es als Profi gelernt hatte. Viele Vereine der Bundesliga unterstützten ihn mit Spenden, eine Weltauswahl spielte für ihn, tausende SMS mit Genesungswünschen liefen ein. Berge ging offensiv mit der Krankheit um. Auf seiner Homepage schrieb er: „Ich will nicht den klaglosen Helden spielen.“ Am 13. Dezember 2005 war er zurück in Flensburg. Auch Norwegens Coach hatte ihm früh einen Platz im EM- Team garantiert. Es sollte eine Motivation zur schnelleren Gesundung sein.

Und so sah der Nationaltrainer dem zweiten EM-Vorrundenspiel gegen den Favoriten Kroatien in der Wankdorf- Halle von Bern gespannt entgegen. Und es begann für den im Gesicht noch knöchrigen Berge, wie es sich der 33 Jahre alte Handballer der SG Flensburg-Handewitt erträumt hatte. Schon beim Aufwärmen war zu sehen, wie wichtig das Spiel für ihn war. Er stellte sich einmal mehr als seine Mitspieler zum Einwerfen an und betrieb die Gymnastik ausgiebig. Noch am Vortag, beim 21:24 gegen Russland, hatte ihn Trainer Gunnar Pettersen nur sieben Minuten spielen lassen; Berge kam zu einem erfolglosen Wurf.

Gegen Kroatien sollte er nun seine Chance bekommen. Beim 0:2 kam der Spielmacher aufs Feld, und nach 5:40 Minuten warf Berge sein erstes EM-Tor für Norwegen. Es war ein Treffer mit jenen Folgen, die ihn danach zur Verzweiflung trieben: Eine Zerrung im rechten Oberschenkel verbannte ihn für den Rest des Spiels auf jenen Stuhl, den er dann malträtierte. Da halfen selbst Spritzen, Massagen und eine Bandage nichts mehr. Und dann unterlag Norwegen noch den Kroaten mit 28:32. „Ich werde trotzdem nicht aufgeben“, sagte Berge hinterher. „Rückschläge wird es immer mal geben.“

Das hat er auch kurz vor der EM erfahren, als der Verdacht eines Rückfalls bestand. „Es war zum Glück nichts, die Werte stimmten diesmal“, erzählt er. Er hat sich neue Ziele gesetzt, möchte mit seiner Frau und dem Sohn von Trondheim nach Handewitt umziehen. Ansonsten geht es für ihn nur um „Handball, Handball, Handball“. Die Zerrung aus dem Kroatien-Spiel hatte er schon gestern überwunden. Christian Berge glaubt fest daran, dass er „zu dieser EM nicht nur für einen Treffer gefahren ist“.

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