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Sport: Ein Ziel, zu viele Wege

Der Sport kämpft mit den finanziellen Folgen der Neuregelung des Wettmarktes – und zeigt sich dabei alles andere als einig

Miteinander reden wollen sie alle, auch nach dem Spitzentreffen des deutschen Sports gestern in Frankfurt am Main. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, Thomas Bach, hatte den Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Theo Zwanziger, den Präsidenten der Deutschen Fußball Liga (DFL), Werner Hackmann, die Sprecherin der Spitzensportverbände, Christa Thiel, und den Vertreter der Landessportbünde, Ekkehard Wienholtz (Schleswig-Holstein), eingeladen. Thema war die Zukunft der Sportwetten und damit die finanzielle Zukunft des deutschen Sports. „Ich bin froh, dass wir uns auf gemeinsame Ziele verständigen konnten“, sagte Bach. „Es gibt viel mehr Schnittmengen als Trennendes“, sagte Hackmann.

Ein Sechs-Punkte-Kommuniqué haben die Funktionäre erarbeitet, in dem sie diese Ziele beschreiben. Es ist davon die Rede, dass, egal wie der Sportwettenmarkt in Deutschland zukünftig gesetzlich geregelt wird, der Sport davon profitieren muss. Denn ohne Sportveranstaltungen auch keine Sportwetten. Außerdem erkennen sie an, dass dieser Sportwettenmarkt im europäischen Kontext wächst und der Sport darauf reagieren muss. Sie fordern aber auch, dass sich der Sport finanziell nicht verschlechtern darf. Alle erkannten die besonderen Leistungen des Fußballs im Zusammenhang mit den Sportwetten an. Denn die meisten Einnahmen des staatlichen Wettanbieters „Oddset“ kommen aus dem Fußball. Im Jahr 2003/2004 erwirtschaftete „Oddset“ noch einen Betrag von rund 530 Millionen Euro, davon fielen 200 bis 250 Millionen Euro über die Bundesländer für gemeinnützige Zwecke insbesondere an den Sport ab. „Die Tendenz ist sinkend“, sagte Zwanziger. Um der besonderen Leistung des Fußballs gerecht zu werden, schlagen die Funktionäre die Gründung einer Sportförderungsgesellschaft vor, die sich aus „Oddset“, dem DOSB und dem DFB zusammensetzen und die Fördermittel verteilen soll. Dabei soll ein Verteilungsschlüssel von eins zu fünf zugunsten des Fußballs gelten.

Der Haken bei diesen Vereinbarungen besteht darin, dass es keine Einigkeit über den Weg dahin gibt. Einige Ziele wurden gar vor dem Hintergrund formuliert, dass das staatliche Wettmonopol bleibt. Das ist nicht sicher und auch nicht von allen gewollt. DFL und DFB machen sich für eine Liberalisierung des Sportwettenmarktes stark, während die Landessportbünde für eine Beibehaltung des Monopols plädieren. Beide fürchten schwindende Einnahmen. „Für die Landessportbünde ist das eine Existenzfrage“, sagte Wienholtz.

Hintergrund ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Frühjahr. Eine Buchmacherin aus München hatte gegen das staatliche Wettmonopol Verfassungsbeschwerde eingelegt. Die Karlsruhe Richter entschieden, dass das staatliche Wettmonopol im Prinzip rechtens ist, aber in seiner gegenwärtigen Form gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit verstößt. Im Vordergrund des staatlichen Wettmonopols müsse die Suchtprävention stehen und keine fiskalischen Interessen. So wie die staatliche Gesellschaft Oddset gegenwärtig auftrete, sei das nicht der Fall. Deshalb forderte Karlsruhe den Gesetzgeber auf, bis Ende 2007 eine Neuregelung zu verabschieden. Die Ministerpräsidentenkonferenz beschloss daraufhin, einen Staatsvertrag auszuarbeiten, der eine Alleinstellung der staatlichen Wette Oddset auf vier Jahre festschreibt. Der deutsche Sport will an diesen Gesprächen beteiligt sein und schrieb an den Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, Jürgen Rüttgers (CDU). „Allerdings haben wir bis heute keine Antwort bekommen“, sagte Zwanziger. Wie bis zu dieser Neuregelung mit privaten Wettanbietern umgegangen werden soll, überließ das Bundesverfassungsgericht den Verwaltungsgerichten. Deshalb sind private Wettanbieter in einigen Bundesländern noch zu finden, in anderen nicht.

Erschwert wird die Situation dadurch, dass, egal wie sich deutsche Politik und deutscher Sport einigen, der Europäische Gerichtshof alles wieder kippen kann. Deshalb haben die Spitzenfunktionäre schon mal das Max-Planck-Institut damit beauftragt, ein Gutachten zu erstellen. „Dann müssten wir wieder neu miteinander reden“, sagt Thomas Bach.

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