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Sport: Eine flüchtige Liebe

Ailton hat bei Besiktas Istanbul Großes angekündigt, doch inzwischen entwickelt er sich zum Problemfall

Ailton Goncalves da Silva, kurz: Ailton, hatte keinen guten Tag erwischt. „Wie ein Schatten“ sei der Brasilianer herumgelaufen, kommentierte die türkische Zeitung „Hürriyet" an diesem Sonntag. Als Schattenmann hatten sie den früheren Schalker Torjäger vor der Saison aber nicht eingekauft bei Besiktas Istanbul. Doch der exzentrische Stürmer, der schon beim Fußball-Bundesligisten Schalke 04 durch Leistungsschwankungen aufgefallen war, erlebte die zweite Halbzeit des Spiels seines Klubs beim Provinzklub Rizespor auf der Auswechselbank. Dort sah er, wie Besiktas 0:1 verlor. Offiziell hatte Ailton eine Zerrung. Inoffiziell war er wohl einfach zu schlecht. Denn bis zur Pause hatte Ailton wenig gebracht. Keinen einzigen Schuss auf das gegnerische Tor habe Ailton abgegeben, registrierte eine Zeitung. Dabei war Ailton vor kurzem noch mit Lob überhäuft worden. Die Flitterwochen des Brasilianers am Bosporus gehen erkennbar zu Ende.

Ganz unkompliziert war Ailtons Beziehung zu seinem neuen Verein von Anfang an nicht. Zuerst kam er verspätet aus dem Urlaub. Dann musste er im ersten Spiel der neuen Saison wegen mangelnder Kondition auf der Bank bleiben, und seither hat der 32-Jährige in keinem Ligaspiel 90 Minuten mitgewirkt.

Kritik wegen seiner Körperfülle begegnete Ailton bisher mit Humor. Seine überflüssigen Pfunde seien der nahrhaften Milch seiner Mutter geschuldet, sagte Ailton, angesprochen auf seine 81 Kilogramm. Zuerst lachten die Türken über solche Witzchen, vor allem, weil Ailton zu dieser Zeit noch Tore schoss. Bei seinen ersten Einsätzen traf der Stürmer zuverlässig. „Hab’ keine Angst, wenn Ailton da ist“, schwärmte ein türkischer Kommentator noch Ende August nach einer guten Vorstellung des Brasilianers. Die Zeitungen nannten ihn den „Schlosser“, weil er den Weg zum Tor des Gegners öffne. Seinem Vereinsvorsitzenden Yildirim Demirören hat Ailton angeblich versprochen, in dieser Saison mehr als 30 Tore zu schießen.

So viel Selbstsicherheit kommt gut an bei einem Verein, der mit den Lokalrivalen Fenerbahce und Galatasaray die Liga dominiert, aber in diesem Trio so etwas wie der Arme-Leute-Verein ist. Trainer Riza Calimbay, Sohn eines Hausmeisters, wurde in der vergangenen Saison im Stadion von gegnerischen Fans wegen seiner Herkunft verhöhnt. Der 102 Jahre alte Traditionsklub kam im vergangenen Jahr nur auf Platz vier und lag am Ende elf Punkte hinter Meister Fenerbahce.

Diesmal soll Besiktas den Titel holen, und Ailton soll dabei helfen. Doch nun ist er schon seit zwei Liga-Spielen ohne Treffer. Nur zwei Tore in fünf Wochen hat er erreicht, dazu kommt noch ein Tor bei einem Uefa-Cup-Spiel in Liechtenstein. Calimbay spricht inzwischen offen davon, dass seine Mannschaft Probleme hat, Tore zu erzielen. Nun kommt den nächsten Spielen eine besonders große Bedeutung zu. Am Donnerstag trifft Besiktas im Uefa-Cup zu Hause auf Malmö, zwei Tage später spielt das Team in der türkischen Liga gegen Fenerbahce.

Trainer Calimbay hat bereits Erfahrungen mit der Exzentrik seines Torjägers gemacht. Nachdem er Ailton in einem Spiel vorzeitig auswechselt hatte, verschwand Ailton kopfschüttelnd in der Kabine und ließ sich für den Rest der Partie nicht mehr blicken. Immerhin: Später entschuldigte sich Ailton. Bei Schalke hatte er sich solche Demutsgesten verkniffen.

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