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Sport: Eine Frage der Schuld

Werder Bremen macht den Schiedsrichter für eigenes Versagen verantwortlich

Geplant hat Werder Bremen mit Einnahmen aus dem europäischen Geschäft nicht. Weder mit den reichen Erlösen aus der Champions League, noch mit den weitaus geringeren aus dem Uefa-Cup. „Aus finanziellen Gründen müssen wir einen europäischen Wettbewerb nicht erreichen“, sagt Klubchef Jürgen Born. Doch seine nonchalante Haltung passt so gar nicht zu den aufgeregten Äußerungen aller Beteiligten nach der 0:1-Niederlage bei den nunmehr sicher für den UI-Cup qualifizierten Dortmunder Borussen. Die Bremer verloren nicht nur das Rennen um den dritten Tabellenplatz, sondern auch schlicht die Beherrschung. Das Ziel ihres Zorns war Schiedsrichter Lutz-Michael Fröhlich, der drei Minuten vor dem Ende einen Zupfer von Sebastian Kehl am Trikot von Nelson Valdez im Strafraum nicht geahndet hatte.

„Der Schiedsrichter hat uns schon auf Schalke zweieinhalb Millionen Euro gekostet“, lästerte Marketing-Chef Manfred Müller. „Es ist nicht mehr tragbar, mit welchen Entscheidungen Werder zu leben hat. Wenn ich höre, das gleicht sich im Verlauf einer Saison aus, dann soll man mir auch sagen, wie viele Millionen ein Pokal-Endspiel bringt“, sagte Thomas Schaaf. „Ich kann und will es nicht mehr akzeptieren.“ Der aufgebrachte Trainer rüffelte den Deutschen Fußball- Bund ironisch „für unheimlich viel Fingerspitzengefühl“, weil Fröhlich auch das Pokal-Halbfinale gegen Schalke gepfiffen und in der Schlussminute den vermeintlichen Siegtreffer der Bremer aberkannt hatte.

Ein Stakkato an Vorwürfen musste Fröhlich, der Fairplay-Preisträger und Aufklärer im Hoyzer-Skandal, über sich ergehen lassen. Sportdirektor Klaus Allofs ließ noch auf dem Rasen erste Schimpfkanonaden ab, um später den Verband für die Ansetzung zu geißeln: „Herr Merk wird auf Schalke auch nicht mehr eingesetzt.“ Die Frage ist, ob die Bremer sich mit ihren Anschuldigungen einen Gefallen getan haben. Hellmut Krug, Abteilungsleiter Schiedsrichter beim DFB, war jedenfalls gestern arg verärgert: „Herr Allofs ist ja eigentlich ein vernünftiger Mann. Aber was will er damit unterstellen? Dass Lutz-Michael Fröhlich, ein erfahrener Schiedsrichter mit fast 200 Bundesliga-Spielen, absichtlich Fehler begeht? Er hat in Schalke auf das Fahnenzeichen seines Assistenten hin bei einer äußerst knappen Abseitssituation fraglos falsch entschieden, das heißt aber nicht, dass er bei Spielen mit Bremer Beteiligung nicht mehr eingesetzt werden könnte.“

Die Ursachen für Werders Erfolglosigkeit sind woanders zu suchen. Schöner Fußball bringt nicht maximalen Ertrag, wenn sich minimale Fehler summieren. Es war nicht das erste Mal, dass Werder ein Plus an Spielanteilen und einen Vorteil in der Spielanlage nicht in Tore umsetzte. Und zum wiederholten Male bestrafte ein Gegner einen Aussetzer konsequent – beim 0:1 von Tomas Rosicky war der zu langsam reagierende Torwart Andreas Reinke der Schuldige. „Dieses Spiel ist ein Symbol für die gesamte Saison“, sagte Werders Verteidiger Valerien Ismael.

Selbst wenn Werder den fünften Platz verteidigt, ist es für die ambitionierten Bremer zu wenig. Allofs will Werder als zweite Kraft hinter Bayern München etablieren. Doch daran haben sich schon ganz andere verhoben oder alsbald die Nerven verloren. Das unsouveräne Nachspiel in den Katakomben des Westfalenstadions könnte ein Indiz dafür sein. Die Mühen für Proteste gegen weitere Ansetzungen Fröhlichs bei Werder-Spielen können sich die Bremer übrigens sparen: Fröhlich hat die Altersgrenze erreicht und macht nach dieser Saison Schluss.

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