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Sport: Eine große Geschichte

England sucht neue Helden: Zweimetermann Crouch will gegen Kroatien treffen

Von Markus Hesselmann

Das Ganze sei eine „tall story“, schrieb der „Independent“ in bester Wortspiel-Tradition der britischen Presse. Eine große Geschichte wäre es wohl, wenn der Zweimetermann Peter Crouch heute im letzten Qualifikationsspiel treffen und alle Zweifel an Englands Teilnahme an der EM 2008 beseitigen würde. Denn in einem sind sich die Kommentatoren einig: Zwar würde England nach Israels Sieg über Russland ein Unentschieden in Wembley gegen Kroatien reichen. Doch England sollte nicht den Fehler machen, auf Unentschieden zu spielen gegen eine Mannschaft, die bereits qualifiziert ist und entspannt aufspielen kann. Ein Tor soll also her. Weil die Starstürmer Wayne Rooney und Michael Owen verletzt sind, könnte die Verantwortung dafür auf den hohen Schultern von Peter Crouch liegen.

„Ich glaube, ich bin jetzt erfahren genug, um diese Verantwortung zu übernehmen“, sagte Crouch. Immerhin war er ja auch schon bei der WM in Deutschland dabei. Doch so ganz traut der „Independent“ den Fähigkeiten des Stürmers vom FC Liverpool offenbar nicht. Der Begriff „tall story“ wird im Englischen nämlich meist im Sinne von „Märchen“ oder sogar „Lügenmärchen“ benutzt. Auch andere Kommentatoren weisen darauf hin, dass Crouch selbst im eigenen Klub um einen Platz in der Startelf kämpfen muss. Der 26-Jährige gilt als Beispiel für das Problem des englischen Nationalteams, dass in der Premier League immer weniger englische Spieler zum Einsatz kommen. Darren Bent, von Nationaltrainer Steve McClaren nach Owens Verletzung als Stürmer für das Kroatien-Spiel nominiert, hat in seinem Club Tottenham Hotspur auch keinen Stammplatz.

Von den 220 Profis, die am Wochenende vor der Länderspielpause in der Premier League antraten, seien nur 74 berechtigt für England zu spielen, rechneten britische Medien vor. Doch statt die Ausbildung und Sichtung der heimischen Nachwuchsspieler weiter zu verbessern, wird nun das alte Lied von den Ausländerquoten wieder angestimmt. Das passt offenbar besser zur Stimmung im Lande, der selbst der sonst eher besonnene Premierminister Gordon Brown mit seinem populistischen Spruch von den „britischen Jobs für britische Arbeiter“ meint entgegenkommen zu müssen.

Vor allem Arsene Wenger, der Trainer des FC Arsenal, wird oft als schlechtes Beispiel genannt. Beim Tabellenführer startet kaum je ein einheimischer Spieler. Vielleicht machte der Franzose Wenger deshalb jetzt den Engländern Mut: „Ich persönlich glaube, dass es 2:0 für England ausgeht“, sagte Wenger über das Kroatien-Spiel. Dann wären die Engländer am Ende sogar Tabellenführer, „und dann kann man nicht mehr sagen, dass sie die Erwartungen nicht erfüllt haben“.

Ob ein berühmter Auswanderer dabei helfen kann, war noch nicht ganz klar. David Beckham, der mit Los Angeles Galaxy die Saison schon beendet hat, gilt als nicht austrainiert. Doch die Reminiszenzen an seine Heldentaten von 2001 sind überall zu lesen. Damals ging es für England im Spiel gegen Griechenland um die WM-Qualifikation. Beckham machte ein großes Spiel und erzielte den Treffer zum 2:2-Endstand. Dadurch war England in Japan und Südkorea dabei.

Falls Beckham diesmal nicht auflaufen sollte, ist ein anderer bereit für Heroisches. „Jeder Spieler, der am Mittwoch antritt, hat die große Chance zum Helden zu werden. Davon träume ich auch“, sagte Peter Crouch. „I’ll end it like Becks“ (Ich beende es wie Beckham) legte das Boulevard-Blatt „Daily Star“ dem Liverpooler in den Mund. Ein Wortspiel auf „Bend it like Beckham“, den berühmten britischen Fußballfilm von 2002.

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