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Sport: Eine Hymne ans Leben

Die Berlinerin Monika Pischke läuft heute mit der RBB-Laufgruppe in New York ihren ersten Marathon

Am Anfang ist sie in Berlin immer dort im Park gelaufen, wo nicht viel los war. Doch dann lief diese Frau vor ihr, irgendwie in dem richtigen, langsamen Tempo. Monika Pischke ist einfach immer hinterher, auf einmal hielt sie eine Dreiviertelstunde am Stück durch. Das war zu Beginn dieses Jahres. „Dabei habe ich Laufen immer gehasst. Es ist ein richtiges Kindheitstrauma“, sagt Monika Pischke.

Heute startet sie beim bekanntesten Marathonlauf der Welt, in New York. Das Ziel will sie bei ihrem ersten Start über die 42,195 Kilometer lange Strecke zusammen mit einer Gruppe des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) erreichen. „Dieser Lauf ist eine Hymne an mein Leben. Jeder der 42 Kilometer steht für ein Lebensjahr, und die 195 Meter für das angebrochene“, sagt sie. Sie wollte sich im Januar eigentlich mit Walking fit für einen Skilanglauf-Urlaub machen und danach ein bisschen weiterlaufen. Dann kam die Frau im Park, und es hat klick gemacht, wie bei so vielen, die nicht mehr aufhören wollen.

„Man kriegt wieder Bodenhaftung und eine andere Beziehung zur Natur“, sagt Monika Pischke. Ihre Arbeit in einem Architekturbüro und bei Computerschulungen sei ihr manchmal seltsam künstlich vorgekommen. „Man kann beim Laufen klarer denken und Probleme lösen. Deshalb laufe ich auch gerne alleine.“ Zum RBB-Lauftreff ist sie seit Mai trotzdem jeden Samstag in den Tiergarten gekommen, weil man ohne Vereinszwang Leute kennen lernen könne und sich gegenseitig motiviere. Um Leistung geht es in der Gruppe nicht, es geht ums Laufen selbst.

Den New-York-Marathon läuft man sowieso nicht auf Zeit, dazu ist die Strecke, die durch alle fünf Stadtteile führt, zu schwierig. Der Lauf durch diese heimliche Hauptstadt der Welt ist für die 35 000 der 100 000 Bewerber, die eine Startnummer bekommen haben, eine besondere Form des Sightseeings. Schon drei Stunden vor dem Start werden sich alle Teilnehmer im Fort Wadsworth, einem ehemaligen Militärgelände auf der Insel Staten Island, drängen. Gestern, beim so genannten Frühstückslauf, gab es schon einmal eine Einstimmung auf das, was heute los sein wird. Zwei Millionen Zuschauer werden an der Strecke sein und jubeln und klatschen. Gestern, bei den sechs bis acht Kilometern zwischen den Vereinten Nationen und dem Central Park, wurde schon ausgiebig gefeiert. Die Veranstalter machen keine genauen Angaben über die umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen bei der ersten großen internationalen Sportveranstaltung nach der Wiederwahl von Präsident Bush, der frühe Transfer der Marathonläufer hat aber nicht nur verkehrstechnische Gründe.

Die steile Verrazano-Narrows-Brücke wird nach der Ankunft der Läufer mit dem Bus gesperrt. Über die längste Hängebrücke Nordamerikas geht es dann nach dem Start zurück nach Brooklyn. „Ich laufe zunächst immer langsam, aber vor dieser Brücke gleich zu Beginn habe ich ein bisschen Panik“, sagt Monika Pischke. Viele unerfahrene Läufer gehen einen Marathon zu schnell an, weil sie sich von dem Trubel im Feld getrieben fühlen.

„Es ist oft zu beobachten, dass Männer, die am Anfang von einem korpulenten Läufer oder einer Frau überholt werden, abrupt schneller werden“, sagt Franz Feddema. Er ist einer von zwei Trainern der RBB-Laufbewegung, die die Gruppe während des Laufs betreuen. „Ich muss Optimismus ausstrahlen, egal, wie es mir selber geht“, sagt der 60-Jährige. Er soll eine der beiden Gruppen, in die sich die 50 Läufer aus der RBB-Mannschaft etwa bei Kilometer 20 in schnellere und langsamere Läufer teilen wird, am besten geschlossen ins Ziel bringen.

Franz Feddema läuft heute die 42 Kilometer zum 43. Mal, wegen seiner kaum zu bewältigenden Aufgabe werden es aber sicher ein paar Kilometer mehr sein. „Ich muss hinten aufmuntern und zur Seite stehen, vor allem aber vorne bremsen. Das ist wirklich am schwierigsten“, sagt der Lauftrainer. Im vergangenen Jahr, als die RBB-Laufbewegung zum ersten Mal in New York dabei war, haben alle Freizeitläufer das Ziel erreicht. Nach ihrem Weg durch Queens, die Bronx und Manhattan will das heute auch Monika Pischke schaffen. Am Ziel ihres ersten Marathonlaufs im Central Park wird sie dann wie jeder andere als Held empfangen werden.

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