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Sport: Eine Lehre, die weh tut

Bei der Pleite gegen Efes erkennt Alba , dass noch keiner Wendell Alexis ersetzen kann

Von Benedikt Voigt

Berlin. Das Spiel war für Alba Berlin längst verloren, als der Zuschauer auf dem Oberrang in Block X noch einmal sein gelbes Plakat hervor holte und es über die Balustrade hielt. „You should have kept Wendell“, stand darauf. Ihr hättet Wendell Alexis behalten sollen.

Die Diskussion wird Alba Berlin in dieser Saison noch öfters bevorstehen. Bei jeder Niederlage wird sich die Frage aufdrängen, ob es richtig war, Albas besten Basketballer der vergangenen sechs Jahre keinen Vertrag mehr zu geben. Das 63:84 (36:39) im ersten Spiel in der Euroleague war schon mal ein gewichtiges Argument dagegen. Dabei hatte der US-Amerikaner Quadre Lollis, der auf der Position von Wendell Alexis spielt, mit 20 Punkten und 14 Rebounds überzeugt. Trotz der Pleite verteidigte der Bundestrainer die Berliner. „Sie haben sechs Jahre das gleiche System gespielt, nämlich mit Alexis“, sagte Henrik Dettman, „jetzt spielen sie ohne ihn – das braucht Zeit.“

Schon zu Beginn der zweiten Halbzeit hatten die Berliner das Spiel verloren gegeben. „Ich bin enttäuscht“, sagte Trainer Emir Mutapcic, „wir müssen 40 Minuten lang kämpfen und nicht nur 20.“ Neben Lollis wehrte sich nur noch Teoman Öztürk (14 Punkte) gegen die Niederlage. „Das reicht nicht gegen ein Team wie Efes Istanbul“, sagte Mutapcic. Vor allem die Aufbau- und Flügelspieler hatten ihre gewohnte Leistung nicht gebracht. Ob Mithat Demirel (29 Prozent Wurfquote), DeJuan Collins (22 Prozent), Marko Pesic (20 Prozent), Henrik Rödl (0 Prozent) oder Stefano Garris (0 Prozent), niemand konnte die Centerspieler durch Treffer von außen entlasten. Nationalspieler Garris traute sich in 25 Minuten nur einmal, den Basketball auf den Korb zu werfen. „Unsere gute Verteidigung war der Schlüssel zum Sieg“, sagte Efes-Trainer Oktay Mahmut.

Enttäuschend war auch die Leistung von Marko Pesic, der nach dem Spiel nichts sagen wollte. „Er hat unter seinem Niveau gespielt“, sagte Mutapcic, „er hat keine Initiative gezeigt.“ Dabei hatte man von dem Flügelspieler erwartet, dass er die Mannschaft führt, wie es Wendell Alexis einst getan hat. Doch das wusste auch Efes Istanbul. „Wir wollten verhindern, dass Marko Pesic trifft“, sagte Istanbuls Ömer Onan. Besonders eindrucksvoll gelang das Marcus Brown (19 Punkte) bei einem Block kurz vor dem Ende des dritten Viertels. Wie ein Außenangreifer im Volleyball schmetterte er einen Wurf des deutschen Nationalspielers ins Aus. Es war ein Zeichen für die Berliner: Heute habt ihr keine Chance gegen uns.

Keiner der Berliner Nationalspieler, die von der Basketball-Weltmeisterschaft mit einer Bronzemedaille zurückgekehrt waren, konnte an die Leistung von Indianapolis anknüpfen. „Doch“, korrigiert der Bundestrainer scherzhaft, „Jörg Lütcke hat keinen Fehler gemacht.“ Das lag freilich daran, dass Lütcke sich eine Verletzung an der rechten Wade zugezogen hatte und zuschauen musste. Der Flügelspieler muss mindestens eine Woche pausieren und fällt auch für das Bundesligaspiel gegen Oldenburg und beim Euroleague-Spiel in Bologna aus. Auch Zugang Kevin Rankin setzte Trainer Mutapcic nicht ein. „Kevin ist noch nicht in der Lage, dass er so ein Spiel spielen kann.“

Für Albas Zukunft in der Europaliga verhieß das Spiel nichts Gutes. „Das war so ein Spiel, das man durchaus gewinnen sollte, wenn man weiterkommen will“, sagt Jörg Lütcke. Alba war am ersten Spieltag in der Gruppe A das einzige Team, das sein Heimspiel verlor. Es offenbarte sich ein krasser Niveau-Unterschied zwischen Euroleague und Bundesliga. Das gleiche Team, das Ludwigsburg mit 41 Punkten schlug, verliert mit 21 Punkten gegen Istanbul.

Aufbauspieler DeJuan Collins musste erkennen, dass es für ihn in der neuen Spielklasse sehr schwer wird. In Verteidigung und Angriff wirkte der US-Amerikaner, der vom Absteiger Tübingen kam, oft überfordert. „Das Spiel wird ihm eine Lehre sein“, sagte Mutapcic. Dass er offensiv besser spielen kann, hat er in der Bundesliga schon bewiesen. Fraglich ist, ob ihm eine so grundlegende Fähigkeit wie aggressives Verteidigen in kurzer Zeit näherzubringen ist. Dennoch verneinte Lütcke ein Problem im Aufbau. „Wir hatten ein Mannschaftsproblem: Wir müssen besser verteidigen.“

Öztürk musste sich nichts vorwerfen. Er hatte sich im dritten Viertel, als sich Alba einen Steilangriff nach dem anderen einfing, als einziger gegen die Niederlage gestemmt. „Manchmal treffe ich auch mal was“, sagte Öztürk. Der Centerspieler war trotz der Pleite zuversichtlich. „Wir werden in Europa nicht jedesmal mit 21 Punkten verlieren.“ Lütcke ergänzte: „Ich bin überzeugt, dass wir auch große Mannschaften schlagen können.“ Nach dem Auftritt gegen Efes ist dieser Aussage jedoch mit Skepsis zu begegnen.

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