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Sport: Eine Serie mit Vorgeschichte

Eisbären und Scorpions spielen im DEL-Halbfinale – und haben ein besonderes Verhältnis zueinander

Berlin - Pierre Pagé wirbelt die Fäuste durch die Luft. Dann springt er einen Schritt nach vorn. „So müssen wir aus der Kabine kommen“, sagt der Trainer der Eisbären und weicht zurück. Ein ängstlicher Gesichtsausdruck soll das Bild abrunden. So nicht, sagt Pagé. „Ängstlich dürfen wir die Serie nicht angehen. Ein Boxer, der Angst hat, verliert.“ Nun wird heute im Sportforum Hohenschönhausen nicht geboxt, dafür beginnt aber um 19.30 Uhr ein Eishockeyspiel, das sie sich in Berlin und in Hannover gewünscht haben: Die Eisbären treffen in der nach dem Modus „Best of five“ ausgespielten Halbfinalserie um die deutsche Meisterschaft auf die Scorpions (Liveübertragung auf Premiere).

Für die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) kann die Konstellation nicht attraktiver sein. Hannovers Trainer Kevin Gaudet hatte schon am Dienstag vor dem 5:3-Sieg seiner Mannschaft im entscheidenden Viertelfinalspiel in Ingolstadt gesagt: „Alle drücken uns die Daumen – abgesehen von den Fans des ERC Ingolstadt.“ Zumindest die Fans in Köln, Düsseldorf und Berlin haben mit Hannover sympathisiert. Weil Hannover weitergekommen ist, haben sie, was sie wollten: ein Play-off-Halbfinale mit dem rheinischen Derby Düsseldorfer EG gegen Kölner Haie und Berlin gegen Hannover – für DEL-Verhältnisse fast ein Derby.

Derby? Florian Busch schüttelt den Kopf. „DEG gegen Köln, das ist für mich ein Derby“, sagt der Eisbären-Stürmer. Dann muss Busch lachen. Die Hannoveraner Spieler Danny Pyka, Jonas Lanier, Patrick Köppchen sowie Björn Bombis kommen aus Berlin und dann gibt es da noch Shawn Heins: Im Vorjahr wurde der Verteidiger mit den Eisbären Meister und in der DEL dafür bekannt, dass er sein Temperament häufig ebenso wenig in vernünftige Bahnen lenken kann wie seine gewaltigen Schlagschüsse. Heins kassiert Strafen in Serie und passt so in ein Team, das mit durchschnittlich 36 Minuten pro Spiel in den Play-offs bisher den Rekordwert verbucht. Busch hofft, dass Heins seine Nerven gegen den alten Arbeitgeber nicht im Griff hat. „Das wäre doch super, wenn der Heins gleich im ersten Spiel durchdreht“, sagt Busch. „Dann spielt er nur ein Spiel, weil er gesperrt wird.“

Sperrt sich Busch gegen ein geografisches Derby, so ist er zumindest Teilnehmer im verbalen Derby. Heins, in Berlin ob seines gewaltigen Schusses mit dem Beinamen „Hammer-Heins“ geschmückt, freut sich vor den Spielen gegen die Eisbären nämlich erstaunlicherweise auf die Pfiffe der Berliner Fans, die er schon in der DEL-Hauptrunde im Sportforum ertragen musste. „Wenn die Berliner Fans nicht brüllen, komme ich nicht auf Betriebstemperatur“, sagt Heins. „Ein Pfeifkonzert hat mir auch schon in der Serie gegen Ingolstadt geholfen.“ Gegen die Bayern, immerhin Hauptrundenzweiter, hat den Scorpions vor allem ihre mannschaftliche Geschlossenheit geholfen, die sie in dieser Saison gefunden haben. „Die Stimmung ist bei uns in der Kabine sehr gut“, sagt Stürmer Andreas Morczinietz. Die Niedersachsen galten lange als eine Ansammlung so talentierter wie komplizierter Spieler. Zweimal hat das Team zuletzt nur knapp den Abstieg verhindert. In dieser Saison endlich brachten die Akteure um Nationalspieler Sascha Goc auch die Leistung, die Günter Papenburg erwartet hatte.

Viel Geld hat der Bauunternehmer in seinen Klub gesteckt – um seine 11 000 Besucher fassende Tui-Arena endlich mit Eishockeyfans zu füllen. Pierre Pagé findet: „Hannover hatte sportlich einen guten Plan, der aufgegangen ist.“ Viel weiter darf dieser Plan aus Berliner Sicht nicht aufgehen. Respekt haben sie beim Meister vor dem Gegner, der anfangs der Hauptrunde Tabellenführer war und Berlin in zwei von vier Spielen besiegte. Eisbären-Stürmer Stefan Ustorf sagt: „Die Scorpions sind eine ganz gefährliche Mannschaft.“

Die gefährliche Mannschaft aus Hannover wird nach der erst am Dienstag beendeten Serie gegen Ingolstadt heute nicht so ausgeruht sein wie die Eisbären, die nach dem Ende ihrer Serie gegen Krefeld eine Woche Pause hatten. Doch Pierre Pagé sagt: „Emotional werden die Scorpions weit oben sein. Also müssen wir denen zeigen, dass wir auch Emotionen haben.“ Und natürlich keinen Schritt zurückweichen.

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