zum Hauptinhalt

Sport: Eine Sportart gewinnt

Snowboard erlebt einen Boom – Seth Wescott siegt im Cross-Wettbewerb

Eine ältere Dame mit hellblauem Hut steht hinter einer Absperrung und hüpft auf und ab. Sie ruft: „Yes, yes, yes, yes, yes.“ Auf der Leinwand leuchtet Seth Wescotts Bild auf, er hat gerade glücklich zwölf Steilkurven auf einem 955 Meter langen Hang in Bardonecchia hinter sich gebracht. Mit dem Snowboard. Als Erster. „Yes, yes, yes, yes, yes“, ruft die ältere Dame, schwenkt eine Fahne der USA und fällt den Umstehenden in die Arme. Auf ihrer Jacke prangt ein übergroßer Button. Auf dem steht: Seth Wescotts Mutter.

Nicht nur Seth Wescotts Mutter, deren Sohn sich erster Olympiasieger im Snowboardcross nennen darf, dürfte die gestrige Premiere dieser Disziplin bei den Olympischen Spielen als gelungen bezeichnen. Fehlen bei diesen Spielen beim Skispringen oder Abfahrtslauf die Zuschauer, lässt sich das von der jungen Sportart Snowboarden nicht behaupten. Hier ist die Stimmung wirklich olympisch. „Das ist cool hier“, sagte der deutsche Snowboarder David Speiser, „so viele Leute hat man nirgendwo.“ Olympiasieger Wescott glaubt sogar: „Snowboarden wird zum Herzen der Olympischen Spiele.“ Jeden Sprung kommentierten die Zuschauer mit einem „oh“, bei jedem Sturz oder Zusammenprall stöhnten sie laut auf. Aus den Lautsprechern schallten Lieder von den Rockgruppen „Die Ärzte“ und „Green Day“. „Es ist super, wie die Zuschauer einen anfeuern“, sagte Michael Layer, „dieses Raunen, wenn man im Ziel ankommt.“ Layer und Speiser hörten es allerdings nur einmal, für sie war die olympische Premiere bereits nach dem Achtelfinale beendet. Der Slowake Radoslaw Zidek fuhr zu Silber, der Franzose Paul-Henri Delerue erhielt Bronze.

Beim Snowboardcross kämpfen vier Fahrer gleichzeitig auf der Strecke gegeneinander. An Michael Layers Lauf konnte man sehen, wie spektakulär und gefährlich die Rennen sein können. Layer lag auf Position zwei, als der Österreicher Mario Fuchs mit seinem Snowboard auf ihn prallte. „Er ist voll in mich reingefahren“, beschwerte sich Layer, „er hätte bremsen müssen, er hat sich ja selbst gefährdet.“ Obwohl der Zusammenprall seine olympischen Hoffnungen beendet hat, wird es keinen großen Ärger geben. „Wir sind Freunde“, sagt Layer. Und auch der deutsche Snowboarder David Speiser nimmt den Unfall gelassen. „So ist Snowboardcross“, sagte er. Der Oberstdorfer war in seinem Achtelfinale an Position zwei liegend gestürzt. „Der Kurs ist sehr schwer“, sagte Speiser, „man muss hier sehr sauber fahren. Nach dem Start sind zwei kleine Sprünge und Wellen eingebaut, damit die vier Fahrer nicht gleichzeitig in die erste Steilkurve einfahren.“ Da die Sportart nicht ungefährlich ist, tragen die Fahrer Motorradhelme. „Meine Mutter will immer, dass ich aufhöre“, sagt Layer.

Doch nach dieser gelungenen Premiere dürfte Snowboardcross neue Freunde gewonnen haben. „Wir müssen jetzt weiter Gas geben“, sagte Layer, „wir müssen in den Medien bekannter werden.“ Er hätte gerne einen festen Platz in den Liveübertragungen an den Wochenenden bei ARD und ZDF. Doch er weiß auch, dass es dafür noch etwas zu tun gibt: „Dafür müssen wir Deutschen besser fahren.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false