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Sport: Eine Sportart steht vor Gericht

Der Bestechungsprozess beunruhigt den Handball

Es war ein Aufschrei. Vom größten Handball-Skandal aller Zeiten war 2009 die Rede. Im Visier stand der THW Kiel: Der deutsche Rekordmeister wurde beschuldigt, das Champions-League-Finale 2007 gegen die SG Flensburg-Handewitt sowie andere Partien durch Schiedsrichterbestechung manipuliert zu haben. Am Mittwoch beginnt nun vor dem Landgericht Kiel der Prozess in dieser Sache.

Angeklagt sind Ex-THW-Geschäftsführer Uwe Schwenker und Ex-THW-Trainer Noka Serdarusic, eine Menge Zeugen werden in Saal 232 aussagen, um den Verbleib von rund 150 000 Euro zu klären, mit denen die polnischen Schiedsrichter und andere Referees bestochen worden sein sollen. Alle Beteiligten bestreiten die Vorwürfe. Zur Überprüfung der Geschehnisse hat das Gericht satte 21 Prozesstage terminiert. Die Zeit der Aufklärung scheint endlich gekommen.

Insofern müsste Freude herrschen. Allerdings wissen alle in der Handball-Szene, dass es im Landgericht nicht nur um Schwenker und Serdarusic geht: In Wirklichkeit steht eine ganze Sportart vor dem Kadi. Sollten die Spiele verschoben worden sein, dann stehen automatisch auch Partien bei Weltmeisterschaften und Europameisterschaften unter Verdacht, die von den in Rede stehenden Referees geleitet wurden.

Andreas Rudolph, damals Präsident beim HSV Hamburg, hatte im März 2009 „rückhaltslose Aufklärung“ gefordert, in den letzten Monaten murrte er nun, er freue sich überhaupt nicht auf den Prozess: „Das ist viel zu lange her. Ich will Schaden vom deutschen Handball abwenden.“ Auch Dierk Schmäschke, Manager der SG Flensburg, sieht in dem Prozess eine Belastung für das Image der Sportart. „Das ist nicht gut für den deutschen Handball“, sagt er. Thorsten Storm, Manager der Rhein Neckar-Löwen, die den Skandal mit der Auflösung des Vertrages mit Noka Serdarusic erst ins Rollen gebracht hatten, begreift sich gar als distanzierter Beobachter: „Ich bin da Zuschauer wie jeder andere. Für mich ist die Sache beendet, seit Noka Serdarusic den Vertrag aufgelöst hat.“ Die Europäische Handball-Föderation (EHF), immerhin Veranstalter der Champions League, will den Prozess sogar nur aus der Ferne über die Medien verfolgen. Das Finale von 2007 sei nicht manipuliert, behauptet man in der Wiener EHF-Zentrale.

Sollte das Gericht anders urteilen, würde für viele eine Welt zusammenbrechen. Eine Welt, die davon ausgeht, dass die Sportler im Handball entscheiden.

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