zum Hauptinhalt

Sport: Einer, der den Golfball flach hält

British Open: Justin Rose gilt als Sieganwärter

Dienstagmorgen. Justin Rose sieht aus seinem Hotelzimmer nur graue Wolken, die Meeresoberfläche an der Küste von St. Andrews ist blauschwarz, es regnet und die Fahnen stehen straff im Wind. Kein Mensch will da raus in dieses Wetter. Doch, einer. „Ich wollte auf den Platz“, sagt Justin Rose später. Um sieben Uhr morgens hat er noch einmal die letzten Löcher zur Vorbereitung auf diese British Open gespielt, die am Donnerstag beginnen. „Die letzten Löcher waren wahnsinnig, der Wind spielte verrückt.“ Er lacht, als er das sagt. Er liebt dieses Spiel auf diesem Platz. „Für mich sind die British Open auf dem Old Course das Turnier der Turniere.“

Ortswechsel: Das Haus von Justin Rose in Orlando. Dort lebt der 29-jährige Engländer inzwischen mit Frau und Kind. In dem Raum, den er sein Golfzimmer nennt, stehen die Pokale der zwei Turniersiege, die er in diesem Jahr bereits auf der US-PGA-Tour geholt hat. Fotos von der Ryder-Cup-Teilnahme 2008 sind zu sehen, der Triumph in der europäischen Geldrangliste 2007 wird gewürdigt. Nach einer Erinnerung an den Erfolg, der ihn berühmt gemacht hat, sucht man vergeblich. Der Sensationserfolg des 17-jährigen Justin Rose, der 1998 bei den British Open in Royal Birkdale als Vierter für Furore sorgte, wird verdrängt. Die Sternstunde eines jugendlichen Amateurs betrachtet Rose, der damals sofort ins Profilager wechselte, heute als Fluch.

„Ich will diese Geschichte nicht mehr feiern, weil sie meine Karriere in vielerlei Hinsicht behindert hat“, sagt er heute. „Der einzige positive Effekt war, dass mich die britische Öffentlichkeit kannte.“ Der Start in sein Profidasein aber bestand aus unzähligen verpassten Cuts, Tiefschlägen und jeder Menge Frust. „Wenn man versucht, so einer Leistung gerecht zu werden, wird das sehr schnell zu einer Belastung.“ Rose musste erst erwachsen werden, als Golfer und als Person. „Deshalb kann ich die Erfolge der letzten Zeit einfach so viel mehr genießen.“

Justin Rose ist der Mann, von dem man bei diesen British Open mit am meisten erwartet. Technisch brillant, weiß der Engländer schon seit Jugendzeiten bei starkem Wind den Ball flach zu halten. Das ungewöhnliche Golf auf einem Küstengolfplatz, auf dem man den Ball nicht hoch ins Grün spielt, sondern ihn stets über den Boden laufen lässt, ist ihm vertraut. Er hat die Erfahrung aus zwölf Jahren Profidasein und das Selbstbewusstsein, das eine gute Saison mit sich bringt. Selbst die Tatsache, dass er am Donnerstag und Freitag zusammen mit Tiger Woods die ersten zwei Runden bestreitet, stört ihn nicht. „Tiger ist ein guter Spielpartner. Mit dem kann man reden. Das ist überhaupt kein Problem.“

Justin Rose hat sich richtig heiß gemacht für dieses Turnier. Er war vergangene Woche mit seinem Kollegen Ian Poulter hier und hat zwei Runden zur Vorbereitung gespielt. Das Wochenende hat er zu Hause verbracht, ohne Golf wohlgemerkt. „Mein Ziel war es, mich so richtig zu langweilen.“ Er hat sich an 2005 erinnert, den ersten Turniertag der British Open in St. Andrews. Er war der erste Ersatzmann, saß von morgens sechs bis abends um fünf auf der Driving Range. Immer bereit für einen Start. Keiner der Spieler fiel aus. Die British Open fanden ohne ihn statt. Fünf Jahre später ist alles anders, Justin Rose ist dabei. Er will raus auf den Platz und gewinnen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false