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Sport: Einer für alle

André Rankel denkt nur im Sinne des Teams, entwickelt sich aber zum Hauptdarsteller der Eisbären

Von Katrin Schulze

Als es ihnen zu bunt wurde mit diesen aufmüpfigen Gästen aus Berlin, griffen sie zum letzten Mittel. Jetzt versuchten die Wolfsburger ihren Gegner mit unfairen Methoden außer Gefecht zu setzen. Florian Busch bekam eins mit und danach knöpften sie sich André Rankel vor. Er sei nur unglücklich hingefallen, sagte der Leidtragende später. „Doch was dann passiert ist, das war unsportlich.“ Dann nämlich machten sich die Eishockeyspieler des EHC Wolfsburg an Rankels Knie zu schaffen – und an seinem Hals, an dem auf einmal ein Schläger klebte.

Rein zufällig hatten sich die Niedersachsen im ersten Play-off-Finale am Freitagabend nicht auf diesen Spieler der Eisbären Berlin gestürzt. André Rankel agierte offensichtlich einfach zu gut, um auf spielerische Art und Weise gestoppt zu werden. Ein ums andere Mal brachte er die Wolfsburger Abwehr durch seine Aktionen an den Rand der Verzweiflung. Erst glich er für die Eisbären zum 1:1 aus, und später leitete er mit seinem Treffer zum 3:2 den wichtigen Auswärtssieg (4:2) für seine Mannschaft in der Finalserie ein.

Rankel, Rankel, immer wieder Rankel. Die Szenen beim EHC Wolfsburg waren nur die Fortsetzung einer unglaublichen Vorstellung des 25 Jahre alten Angreifers in der Endrunde um den Meistertitel. Acht Tore und sechs Vorlagen hat er inzwischen angehäuft, zusammen mit seinen Sturmpartnern Stefan Ustorf und Travis Mulock bildet er den überragenden Sturm der Liga, das heißt, eigentlich ragt Rankel innerhalb seiner Reihe noch ein Stück weit heraus.

Zum „Riesen Rankel“ kürte ihn der Boulevard jüngst, und in der Berliner Fanszene wird Eishockey nicht mehr gespielt, sondern nur noch gerankelt. Auch beim Auftritt am Freitag wollten die Anhänger nicht mehr aufhören, ihr Lied von André Rankel, dem besten Mann zu trällern. Fragt man den so Gepriesenen allerdings selbst nach seinen Leistungen, winkt er meist nur ab. „Es ist gar nicht wichtig, wer die Tore macht“, sagt der Stürmer dann, „wichtig ist, dass wir als Team gut auftreten.“ Und Rankels Eisbären sind, gewiss mit ihm in der Hauptrolle, zuletzt ziemlich souverän aufgetreten.

Auch wenn er es selbst nicht unbedingt hören will, so dürfte man sich inzwischen an das Bild von André Rankel als Führungs- und Ausnahmespieler der Eisbären gewöhnt haben. Dabei war er ursprünglich einem anderen Klub versprochen. Bei den Preussen hatte er sich in der Jugend übers Eis gequält, ehe er im Jahr 2003 – unter dem kritischen Blick seines damaligen Managers – den Sprung zum Lokalrivalen wagte. Seither ging es für ihn am anderen Ende der Stadt, in Berlin-Hohenschönhausen, fast ausnahmslos aufwärts. Sein Trainer Don Jackson zum Beispiel sagt: „André ist unglaublich gereift. Er weiß genau, was er zu tun hat.“

So ruhig sich Rankel abseits der Eisfläche gibt, so aggressiv tritt er zuweilen darauf auf. Mittlerweile sieht er nicht nur stämmiger aus als noch vor einigen Jahren, er geht auch immer öfter dahin, wo es wehtut und fährt jeden noch so harten Check zu Ende. Mit Tugenden wie diesen treibt man sein Team gerade in den Play-offs voran – und den Kontrahenten mitunter in den Wahnsinn. Es ist bezeichnend, dass die Wolfsburger im ersten von maximal fünf Versuchen gegen die Berliner nicht wussten, wie sie diesen Mann mit fairen Mitteln bändigen können.

Schon in den Endrunden vergangener Jahre machte André Rankel mit einigen Treffern auf sich aufmerksam, der Elan und das Selbstverständnis seines Auftretens in diesem Jahr aber übertrifft dies alles noch einmal.  Kein Wunder, wenn Trainer Jackson sagt, wie „enorm wichtig“ der Angreifer für seine Mannschaft geworden sei. Und was sagt André Rankel? Dass er einfach nur immer sein Bestes gebe und sich voll einsetze.

Der 25-Jährige zählt eben zur bescheidenen Generation der Eisbären, nicht zu den jungen Wilden; er zieht es vor, mit Leistung anstatt mit großen Worten zu überzeugen. „Ich freue mich, wenn ich der Mannschaft helfen kann“, ist noch einer der mutigsten Sätze von André Rankel. Dass er beim zweiten Finalspiel am Sonntag in Berlin (14.35 Uhr, live bei Sky) vermutlich trotzdem wieder gefeiert werden wird wie der Allergrößte, wird er nicht verhindern können.

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