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Sport: „Einer muss das Sagen haben“

Ligachef Werner Hackmann erklärt, warum Doppelspitzen nicht funktionieren

Herr Hackmann, wer ist für die Fußball Nationalmannschaft zuständig?

Der Präsident des Deutschen Fußball- Bundes. Danach der Präsident der Deutschen Fußball-Liga, also meine Person.

Ab Sonntag soll es zwei Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes geben, Gerhard Mayer-Vorfelder und Theo Zwanziger. Dann rücken Sie an die dritte Stelle.

Nein. Herr Zwanziger wird ja, sofern er vom DFB-Bundestag gewählt wird, Geschäftsführender Präsident. Es wird eine Doppelspitze geben. Aber deshalb darf die Liga nicht zurückgesetzt werden.

Sie wollen mit Mayer-Vorfelder allein über die Nationalmannschaft entscheiden?

Richtig, wir beide entscheiden, wenn es Streitfragen gibt. Auch Generalsekretär Horst R. Schmidt hat bei der Nationalmannschaft immer mitgeredet. Natürlich wird auch der Herr Zwanziger jetzt mitreden. Aber die Hierarchie muss klar sein: Federführend bleibt der Präsident des DFB, und ich bin sein erster Vertreter.

Hat nicht die chaotische Trainersuche gezeigt, dass es mit der Federführung des Präsidenten nicht so weit her ist?

Hätte Herr Mayer-Vorfelder nach Rudi Völlers Rücktritt die Liga rechtzeitig in die Suche eines Nachfolgers einbezogen, wäre uns einiges erspart geblieben.

Auch die Doppelspitze?

Auch Herrn Mayer-Vorfelder wäre einiges erspart geblieben, wenn er nicht so beratungsresistent gewesen wäre.

Was war schwieriger in Ihrer Karriere: die Befriedung der besetzten Hafenstraße als Hamburger Innensenator oder die Befriedung des deutschen Fußballs?

Im Sport geht es um Geschäft und Unterhaltung. In der Innenpolitik geht es um Menschenleben. Bei der Auseinandersetzung um die Hafenstraße hatte ich Sorge um die Unversehrtheit meiner Mitarbeiter. Das Problem in diesem Sommer war, dass der deutsche Fußball auf der Kippe stand. Ich hatte keine schlaflosen Nächte, weil wir ein paar Wochen keinen Bundestrainer hatten. Aber Druck habe ich gespürt. Wenn man jeden Tag in der Presse, vor allem in einer Zeitung mit großen Buchstaben, einen neuen Kandidatennamen lesen muss, ist das bitter.

Das lag ja auch an Mitgliedern der Trainerfindungskommission, oder?

Das kann ich nicht ausschließen.

Es gab einen, dem enge Kontakte nachgesagt werden zu Lothar Matthäus und zur „Bild“-Zeitung: Franz Beckenbauer.

Ja, es gab das Thema Matthäus. Ich habe aber nie verhehlt, dass ich Lothar Matthäus nicht für die richtige Lösung hielt.

Wie haben Sie Beckenbauer gezähmt?

Der lässt sich nicht zähmen. Aber wir haben uns schließlich auf Jürgen Klinsmann geeinigt, einstimmig.

Was mögen Sie an Jürgen Klinsmann?

Seine Unbefangenheit und Frische. Aber auch seine Bestimmtheit.

Diese Bestimmtheit hat viel Ärger beim DFB ausgelöst.

Er hat klare Vorstellungen. Die hat er uns von Anfang an mitgeteilt.

Auch bei der Frage, in welchem Quartier sich die Fußball-Nationalmannschaft auf die WM 2006 vorbereitet?

Jeder neue Bundestrainer muss das Recht haben, alles in Frage zu stellen. Herr Klinsmann wird ein Konzept erarbeiten, in dem er erklärt, welche Standorte er für optimal hält. Wenn Leverkusen nicht darunter ist, ist es eben so.

Herr Zwanziger pocht auf die Verabredungen mit Bayer Leverkusen.

Ich gehe davon aus, dass Herr Klinsmann nach dem Bundestag sein Konzept vorlegt. Dann wird der Streit gelöst.

Im Sinne von Jürgen Klinsmann?

Ja, im Sinne von Jürgen Klinsmann.

Viele im DFB sagen, dass Jürgen Klinsmann in Kalifornien schwer erreichbar ist.

Ach ja? Für mich ist er immer erreichbar.

Warum mischt sich die Liga überall ein?

90 Prozent der DFB-Einnahmen kommen vom Profifußball. Fast alle Profis der Nationalmannschaft werden von der Bundesliga bezahlt. Deshalb haben wir ja den Grundlagenvertrag zwischen Liga und DFB geändert, um mehr an den Einnahmen beteiligt zu werden. Ich glaube nicht, dass die derzeitigen Werbe- und Fernsehverträge abgeschlossen worden wären, wenn die U21 auflaufen würde.

Die Amateurverbände finden, die Profis haben zu viel Macht im DFB. Aus jedem Lager tritt ein Mann für die Nachfolge von Theo Zwanziger als Schatzmeister an. Die Liga schickt Wilfried Straub ins Rennen. Dabei ist eine Mehrheit für ihn fraglich.

Das werden wir ja sehen. Wir haben im Sommer darüber nachgedacht, wer den Posten des Schatzmeisters übernehmen könnte. Und da haben alle gesagt, dass Herr Straub fachlich am besten geeignet wäre. Und der Heinrich Schmidhuber …

… der bayerische Verbandspräsident, der jetzt gegen Wilfried Straub antritt …

… hat dabeigesessen und nichts gesagt. Später hat er gesagt, dass er antritt.

Dennoch werden Herrn Schmidhuber größere Chancen eingeräumt. Das Profilager hat nicht genügend Stimmen.

Das ist keine Lagerkandidatur. Und Herr Straub kommt nicht aus dem Profilager. Er hat 28 Jahre beim DFB gearbeitet und vier Jahre bei uns im Ligaverband. Es ist aberwitzig zu behaupten, er sei ein Mann für das Profilager. Er kann beide Bereiche abdecken. Herr Schmidhuber nicht.

Nehmen Sie es Theo Zwanziger übel, dass er Herrn Schmidhuber unterstützt?

Ich kann das verstehen. Herr Zwanziger kommt aus den Landesverbänden, und Herr Schmidhuber steht dem größten Landesverband vor. Herr Zwanziger muss nur sehen, dass er nicht nur Präsident der Amateure ist, sondern Präsident für alle.

Funktionieren Doppelspitzen?

Nein, eigentlich nicht. In den Sechzigern bin ich in die SPD eingetreten. Es ging damals darum, wer in Hamburg-Bergedorf Chef der Jungsozialisten wird. Neben mir gab es noch einen Kandidaten, wir konnten uns nicht einigen und haben eine Doppelspitze gemacht. Das ist gescheitert.

Warum?

Es gab keine klare Abgrenzung in den Kompetenzen. Meine Erfahrung ist: Einer muss das Sagen haben. Sie können auch nicht zwei Innensenatoren haben.

Aber zwei DFB-Präsidenten? Wie wollen Sie diesmal die Kompetenzen abgrenzen?

Herr Mayer-Vorfelder ist federführend für die Nationalelf zuständig und betreibt das internationale Geschäft. Theo Zwanziger wird sich um das kümmern, was Herr Mayer-Vorfelder zuletzt wegen Zeitmangels vernachlässigen musste: die Amateure, die Landes- und Regionalverbände.

Also ist Herr Zwanziger nicht für den Profifußball zuständig?

Die Kompetenz für Profifußball habe ich.

Und Zwanziger betreut die Amateure …

Nein, nicht nur. Als Geschäftsführender Präsident muss er bei Konflikten zwischen Profis und Amateuren vermitteln. Auf dem Bundestag gibt es mehrere Anträge von Amateurverbänden, die nicht in unserem Sinne sind. Theoretisch könnten wir das alles mit unserer Sperrminorität vom Tisch fegen.

Dann hätten Sie beim nächsten Bundestag aber die gleichen Anträge vorliegen.

Deshalb wollen wir einen Kompromiss. Wir werden eine Kommission einrichten, in der es um die strittigen Fragen geht: Einsatz junger Profispieler in der Regionalliga, Teilnahme von Amateurteams der Bundesliga-Vereine am Pokal. Da wird Herr Zwanziger eine große Rolle spielen bei der Findung einer Lösung. Das erwartet die Liga von einem Geschäftsführenden Präsidenten.

Ist das für Herrn Zwanziger ein Probelauf?

Ich sage das mal in Anführungszeichen: Natürlich wird Herr Zwanziger in den kommenden zwei Jahren unter verstärkter Beobachtung stehen, vor allem der Liga. Das ist normal. Er muss zeigen, dass er die Interessen aller Lager vertritt.

Das Gespräch führten Sven Goldmann und Robert Ide.

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