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Sport: Einer trage seine eigene Last

Roman Weidenfeller hat sich ins Dortmunder Tor geboxt – doch kurz vor Saisonstart macht er viele Fehler

Mainz. Roman Weidenfeller war ja schon häufiger eingesprungen. Elf Mal in der vergangenen Bundesliga-Saison für Borussia Dortmunds Stammtorwart Jens Lehmann. Oder auch damals, Anfang März 2001, für Georg Koch im Tor des 1. FC Kaiserslautern, als Weidenfeller im Uefa-Pokal-Viertelfinale die Spieler des PSV Eindhoven zur Verzweiflung brachte. Immer hatte er seine Sache gut gemacht. Immer hatte er die Nummer 26 auf dem Rücken getragen. Immer war er der Ersatzmann gewesen, auf den man sich verlassen konnte. Aber diesmal war alles anders.

Diesmal war der Torwart Roman Weidenfeller die Nummer eins. Die Ziffer des ersten Mannes prangte auf dem Rücken seines gelb-schwarzen Trikots, und irgendetwas muss anders gewesen sein, denn Weidenfeller erwischte einen schlechten Tag. Drei der vier Tore, durch die Borussia Dortmund am Montagabend das Ligapokal-Finale in Mainz gegen den Hamburger SV mit 2:4 (1:3) verlor, hätte Weidenfeller verhindern können. Vielleicht verhindern müssen.

Vielleicht hätte Jens Lehmann sie zu verhindern gewusst, wenn der sich nicht am Sonntag zu Arsenal London verabschiedet hätte. Vielleicht. Eventualitäten aber gefallen dem Dortmunder Trainer Matthias Sammer gar nicht, weshalb er sich eine Torwart-Diskussion ausdrücklich verbat und kategorisch beschied: „Solche Fehler sind schon ganz anderen Torhütern passiert.“ Das soll wohl so viel heißen wie: Auch aus Weidenfeller kann mal ein Großer werden.

Man muss das auch gar nicht anzweifeln nach diesem Montag in Mainz, an dem den Dortmundern einiges danebenging. Weidenfeller aber, für den der kurzfristige Wechsel Lehmanns in die britische Premier League das größte Glück seiner bisherigen Laufbahn bedeutete und der nun am Samstag zum Saisonstart der Dortmunder auf Schalke zum ersten Mal die Nummer eins in einem Bundesligaspiel tragen wird, wollte sich nicht nervös machen lassen. Er konstatierte nach seinem Einstand abgeklärt, er habe halt einen schlechten Tag erwischt und stünde erst am Anfang seiner Karriere. „Wichtig ist mir der Rückhalt vom Trainer.“

Nun ist Roman Weidenfeller sowieso keiner, der schnell nervös wird. Mit 15 Jahren war er von zu Hause ausgezogen und im Elternhaus des Bundesliga-Schiedsrichters Markus Merk in Kaiserslautern in einer Einliegerwohnung untergekommen. Weidenfeller war 1996 von den Sportfreunden Eisbachtal zum 1. FC Kaiserslautern gewechselt, wo er drei Jahre später zum ersten Mal zum Profikader gehörte. Einsätze bekam er da noch keine, in den folgenden beiden Spielzeiten nur jeweils drei. Da kam im Sommer 2002 der Wechsel zu Borussia Dortmund gerade recht. So recht jedenfalls, dass er den Konkurrenzkampf mit dem etablierten Jens Lehmann von Anfang an verbal forcierte.

Lehmann parierte die Attacken lässig und sah sich in diesbezüglichen Gesprächen mit Journalisten gern gestenreich und provokant nach einem imaginären Herausforderer um. Weil Weidenfeller auch in der Kommunikation mit den Fans und den Medien Probleme hatte, musste ein klärendes Gespräch mit den örtlichen Reportern anberaumt werden, damit Ruhe einkehrt. Das Verhältnis der beiden Torhüter aber blieb gespannt. „Ich glaube nicht, dass es auf Dauer mit uns beiden gut geht“, hatte Weidenfeller schon vor Lehmanns Wechsel mitgeteilt. Als der Kontrahent weg war, wurde Weidenfeller zahm und erklärte sich im Nachhinein zum gelehrigen Schüler Lehmanns. Der Imagewandel hat funktioniert. Weidenfeller ist jetzt auch bei den Fans etabliert.

Doch die Lehrjahre sind nun vorbei. Mit der spärlichen Erfahrung von 17 Bundesligaspielen und drei Einsätzen im U21-Nationalkader hat für den 22-Jährigen am Montag der Ernst des Fußballerlebens begonnen. „Ich muss die Leistung von Mainz wiedergutmachen“, sagt er vor dem Saisonauftakt am Samstag. Dann springt Roman Weidenfeller erstmals für sich selbst in die Bresche. Leichter macht das seine Aufgabe nicht.

Ulrich Hartmann

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