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Er ragt heraus. Mario Gomez traf gegen Kaiserslautern dreimal und ist mit 15 Toren nun bester Schütze der Liga. Foto: dapd

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Sport: Einfach mal laufen lassen

Der Erste im Sturm, der Letzte im Wellnessbereich: Die neue Gelassenheit des Mario Gomez

An dieser ersten Halbzeit konnte man gut sehen, was sich verändert hat im Kopf des Mario Gomez. „Da habe ich lange in der Luft gehangen, das Spiel lief an mir vorbei“, erzählt der Angreifer des FC Bayern. Der Mario Gomez von vor einem Dreivierteljahr hätte sich das nicht gefallen lassen. Er wäre dem Spiel hinterhergelaufen, von links nach rechts, von hinten nach vorn. Und wenn dann das Spiel einmal kurz bei ihm Halt gemacht hätte, ihm gar eine Torchance ermöglicht hätte, wäre es ganz kläglich in die Hose gegangen. Mario Gomez hätte die Hände vors Gesicht geschlagen oder versucht, sich unter der Grasnarbe zu verstecken. Und die eigenen Fans hätten gepfiffen: Oh Mann, der Gomez! 35 Millionen! Aus dem wird nix mehr! So war das vor einem Dreivierteljahr.

Jetzt steht Mario Gomez in der Interviewzone der Münchner Arena, er ist mit einigem Abstand als Letzter aus dem Wellnessbereich gekommen und nimmt sich alle Zeit der Welt für die Fragen der Reporter. Und dann erzählt er, dass ihn diese erste Halbzeit überhaupt nicht beunruhigt habe. Dass er die Ruhe bewahrt habe, „das geht eben, wenn man eine gute Phase hat“. Der Mario Gomez von heute lässt das Spiel einfach mal laufen, und am Ende hat er wieder ein paar Tore mehr auf dem Konto. Diesmal, im Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern, trug er in der zweiten Halbzeit drei Treffer zum 5:1-Sieg der Bayern bei. Auf 15 Bundesligatore hat er es inzwischen schon gebracht, dazu sechs in der Champions League und zwei im Pokal, macht insgesamt 23 in 26 Pflichtspielen. Kaum auszudenken, wo die Bayern ohne Gomez stünden. Er selbst sagt nur: „Das ist mein Job.“

Gomez’ Geschichte ist die einzige wirkliche Erfolgsgeschichte dieser Saison bei den Bayern. Und richtig gut wird sie durch das, was vorher passiert ist: Im Mai 2009 sagte der deutsche Rekordmeister dem VfB Stuttgart die unglaubliche Summe von 35 Millionen Euro zu (mehr als vorher für Ribéry und später für Robben), um den deutschen Nationalspieler zu bekommen. Doch als Gomez dann an der Säbener Straße zum Dienst antrat, ließ der neue Cheftrainer Louis van Gaal schnell wissen, er habe mit dem Transfer nichts zu tun gehabt, und Gomez’ raumgreifende Spielweise passe auch gar nicht zu seinem Kurzpasskonzept. Bald saß Gomez auf der Bank, ein trauriger 35-Millionen-Euro-Joker, dem nichts gelingen wollte – der sich aber auch nicht lauthals beklagte, sondern still weiterarbeitete. Vor dieser Saison erklärte van Gaal, Gomez sei sein Stürmer Nummer vier. Die Flucht zum FC Liverpool war schon nahezu perfekt, da legte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge sein Veto ein: Gomez bleibt! Und es blieb alles beim Alten, Gomez’ erste fünf Ligaeinsätze begannen zwischen der 71. und der 78. Minute und blieben ohne Torerfolg – was seine Quote danach noch erstaunlicher macht.

Doch als sich kurz hintereinander Miroslav Klose und Ivica Olic verletzten, hatte van Gaal keine andere Wahl mehr, als Gomez zu bringen. Und siehe da, der 25-Jährige hat seine Spielweise dem System angepasst. Mit der Gewissheit, spielen zu dürfen, gewann die sensible Stürmerseele die nötige Ruhe. Und so verwertet Gomez seine Torchancen plötzlich kaltschnäuzig und zuverlässig, als wäre nie etwas gewesen. „Er ist nicht mehr wegzudenken“, sagt nun sogar van Gaal.

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