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Sport: Eintracht Jägermeister

Als erster Fußballklub präsentierte sich Braunschweig vor 30 Jahren mit einem Sponsor auf dem Trikot

Braunschweig. Am Anfang war der Jägermeister. Als Eintracht Braunschweig vor 30 Jahren Geschichte schrieb, tat es der Fußballklub hochprozentig. Ein Hirsch, Logo des Kräuterlikörs, prangte am 28. Februar 1973 erstmals auf der Brust der damaligen Erstligaspieler. Die Geburtsstunde der Trikotwerbung in Deutschland.

Nur mit größten Bedenken hatte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den Bemühungen von Sponsor und Fabrikant Günter Mast zugestimmt. Schließlich war bis dahin die Bundesliga nicht nur trocken, sondern rein. Sport und die mit einem Schmuddel-Image behaftete „Reklame“ schlossen sich aus. Spielfeldränder waren nur sehr selten mit Werbung versehen. So wurde der erste Auftritt der neu verzierten Braunschweiger vier Wochen nach der offiziellen Präsentation dann auch mit größtem Argwohn betrachtet. Als die Eintracht am 24. März 1973 gegen Schalke 04 im „Hirsch-Trikot“ antrat, schaute der der DFB ganz genau hin. Schiedsrichter Walter Eschweiler prüfte vor der Partie kleinlich, ob die Anordnungen des DFB eingehalten wurden. Diese Vorschriften gelten bis heute. Das Logo des Hauptsponsors darf maximal 200 Quadratzentimeter groß sein. Politik ist ebenso verboten wie tabakhaltige Produkte.

Geändert haben sich jedoch die Preise. Und wie. Über die 100000 Mark, die Mast 1973 zahlte, lächeln Marketingexperten heute nur milde. Bis zu 20 Millionen Euro kassiert der FC Bayern München in dieser Saison von der Deutschen Telekom. Meister Borussia Dortmund erhält bis 2006 vom Energieunternehmen Eon im Jahr bis zu 15 Millionen Euro. Hertha BSC kassiert von Arcor derzeit fast sechs Millionen Euro. Nach der Vertragsverlängerung bis zum Jahr 2006 sollen es etwas sieben Millionen Euro sein. Kontinuierlich wurden die begehrten Werbeflächen teurer. In der Saison 1989/’90 nahmen die 18 Bundesligaklubs zusammen 19,1 Millionen Mark ein. 1998 wurde erstmals die 100-Millionen-Mark-Grenze überschritten. Ein Jahr darauf kassierte die Liga bereits 123 Millionen Mark.

Im europäischen Vergleich liegt die deutsche Liga vorn. So bekommt Champions-League-Sieger Real Madrid von Siemens mobile nur zwölf Millionen Euro. Und selbst die deutschen Sponsoring-Schlusslichter Energie Cottbus und Hansa Rostock haben mit zwei Millionen Euro einen besseren Vertrag abgeschlossen als 17 der 20 Klubs in der spanischen Primera Division.

Doch nicht immer gelingt es den Sponsoren, ihren Wiedererkennungswert zu steigern. Der Kölner Branchen-Beobachter Sport + Markt prüft viermal im Jahr die Werbewirkung in der Fußball-Bundesliga. Das Ergebnis: Im November war Dortmunds Partner Eon ganz vorne in der Wahrnehmung, Ex-Sponsor S.Oliver lag am Ende der Skala. Zu oft wechseln die Namen auf den Trikots. Das war früher anders: Halbe Ewigkeiten gehörte Südmilch zu Stuttgart und BP zum Hamburger SV. Ginge es nach den Fans, würden ihre Klubs nur für lokale Unternehmen Werbung laufen. Laut der Untersuchung von Sport + Markt kam die kurze Liaison vom Hamburger Bierbrauer Astra mit dem FC St. Pauli besser an als der nachfolgende Versicherer. Kein Wunder, dass Fans des HSV sich längst die lokale Biermarke Holsten auf dem Trikot wünschen.

Deshalb wurde in Braunschweig auch Jägermeister, produziert im nahe gelegenen Wolfenbüttel, akzeptiert. Nur als Günter Mast den Verein in „Jägermeister Braunschweig“ umbenennen wollte, gab es heftige Proteste. Der DFB untersagte die Namensänderung 1983. Zwei Jahre später stieg die Eintracht aus der Bundesliga ab, 1987 folgte der Sturz in die Drittklassigkeit. Enttäuscht zog sich Günter Mast zurück. Der letzte Schnaps in Braunschweig schmeckte bitter.

Jan Freitag

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