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22-jähriger Hoffnungsträger: Tobias Rieder vom NHL-Team Arizona Coyotes.

© Britta Pedersen, dpa

Einziger deutscher NHL-Star bei der Eishockey-WM: Tobias Rieder: In einem Jahr nach oben

Tobias Rieder trägt als einziger NHL-Profi die Hoffnungen der deutschen Nationalmannschaft. Im WM-Auftaktspiel gegen Frankreich soll mit ihm der erste Schritt zum Klassenerhalt gemacht werden.

Gute Nachrichten von der Eishockey-Nationalmannschaft waren in den Wochen vor der Weltmeisterschaft eher rar. Zahlreiche potenzielle Leistungsträger hatten Bundestrainer Pat Cortina aus verschiedenen Gründen abgesagt, für sein dezimiertes Team wird es in den kommenden Tagen nun in erster Linie darum gehen, den Abstieg aus der A-Gruppe der 16 besten Eishockeynationen zu verhindern. Den ersten Schritt zum Klassenerhalt kann die Mannschaft am Sonnabend in ihrem Auftaktspiel gegen Frankreich (16.15 Uhr, live auf Sport1) machen.

Angesichts der eher tristen Gesamtsituation der deutschen Mannschaft erregt einer der wenigen Lichtblicke besondere Aufmerksamkeit: Seit Tobias Rieder vor einigen Tagen zur Nationalmannschaft stieß, steht er im Mittelpunkt. Das war auch am Mittwoch nach dem 4:3 der Mannschaft im letzten WM-Test gegen Slowenien im Berliner Wellblechpalast nicht anders. Denn immerhin ist Rieder der Einzige im Team, der in der National Hockey League (NHL) sein Geld verdient. Die übrigen Deutschen, die in der besten Eishockeyliga der Welt beschäftigt sind, konnten oder mochten nicht zum Turnier nach Prag reisen. „Für mich war das gar keine Frage“, sagt Rieder, „es ist eine Ehre, für Deutschland zu spielen, gerade bei einer Weltmeisterschaft.“

Mit 17 in die USA

Auf dem 22 Jahre alten Landshuter, der gerade seine erste Saison bei den Arizona Coyotes beendet hat, ruhen nun die Hoffnungen. Belasten soll ihn der Erwartungsdruck aber nicht: „Daran darf ich nicht zu viele Gedanken verschwenden, aber wenn ich auf dem Eis stehe, vergesse ich das sowieso.“ Dabei ist es eine neue Situation für ihn. Vor einem Jahr, als Rieder erstmals bei einer WM spielte, nahm kaum jemand groß Notiz von dem flinken Flügelstürmer, der schon mit 17 Jahren nach Nordamerika ging. Da galt er lediglich als hoffnungsvolles Talent, das mit guten Leistungen bei den Portland Pirates in der zweitklassigen American Hockey League auf sich aufmerksam gemacht hatte.

Auch die laufende Saison begann er im Farmteam, erst Anfang November bekam er seine Chance in der NHL. Gleich im ersten Spiel schoss er das Siegtor, danach wurde seine Bedeutung für die Mannschaft immer größer. In 72 Spielen erzielte er 13 Tore, spielte in den vorderen Angriffsreihen und stand auch in den wichtigen Über- und Unterzahlsituationen auf dem Eis. Zwar beendeten die Coyotes die Hauptrunde als zweitschlechteste Mannschaft der Liga, der junge Deutsche galt aber als positive Überraschung im Team.

Gelobt wurde seine Vielseitigkeit, leise Kritik gab es nur an der noch ausbaufähigen Chancenverwertung. Beim Neuaufbau der Mannschaft wird ihm eine wichtige Rolle zugetraut. Wenn Rieder die vergangenen Monate Revue passieren lässt, wirkt er noch ein wenig überwältigt: „Das war unglaublich – wenn man als vierjähriges Kind aufs Eis geht, ist es der Traum, einmal in der NHL zu spielen. Und auf einmal bin ich da.“

Vielseitiger Angreifer, aber kein Lenker

Trotz der gelungenen Premierensaison in der NHL wäre es falsch, von ihm zu erwarten, dass er das Spiel der Nationalmannschaft lenken wird. Dafür ist er nicht der richtige Typ. Er ist kein Stratege, sondern ein pfeilschneller Angreifer, der trotz seiner für einen Eishockeyspieler eher geringen Größe bemerkenswerte Qualitäten in der Defensive besitzt. Diese Vielseitigkeit schätzt auch Bundestrainer Pat Cortina an ihm. Rieder sei „ein sehr intelligenter Spieler, der verschiedene Rollen übernehmen kann“, sagt er.

Auch der so Gelobte sieht sich nicht als Heilsbringer des deutschen Eishockeys bei der WM. Allüren sind ihm fremd. „Ich bin genau wie jeder andere Spieler hier“, sagt Rieder. Seinen Teamkollegen, die es nicht in die NHL geschafft haben, will er auch keine gut gemeinten Ratschläge geben: „Das sind alles Vollprofis, denen muss ich nichts erzählen.“

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