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Luc Robitaille ist nicht mehr nur bei den Kings, sondern auch bei den Eisbären aktiv.

© AFP

Eisbären Berlin: Wer ist hier der Boss?

Durch die neuen Chefs aus Los Angeles wächst der Druck auf die Berliner Verantwortlichen bei den Eisbären.

Alte Freundschaft verbindet. Luc Robitaille und Stéphane Richer kennen sich schon seit mehr als drei Jahrzehnten. Anfang der Achtzigerjahre stürmten die beiden Kanadier gemeinsam bei den Hull Olympics in der Quebec Major Hockey League. Richer kam aus Hull, Mitspieler Robitaille aus Montreal. Nach dem Training gingen die beiden Teenager häufig im Hause Richer vorbei. „Stéphanes Mutter hat uns immer so toll bekocht. Da haben wir viel zu viel gegessen“, sagt Robitaille. „An sich ein Wunder, dass noch etwas aus uns im Eishockey geworden ist.“ Auf verschiedenem Niveau allerdings: Richer machte eine ordentliche Karriere als Eishockeyprofi vor allem in Europa, während Robitaille zu einem Superstar der National Hockey-League (NHL) aufstieg.

Der berufliche Abstand zwischen beiden Jugendfreunden ist geblieben: Richer ist aktuell Co-Trainer der Eisbären, während Robitaille die Geschäfte bei den Los Angeles Kings führt – und nun auch Aufsichtsratsvorsitzender des Berliner Klubs aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) ist. Berührungspunkte hatten Robitaille und Richer schon seit ein paar Jahren. Auch die Hamburg Freezers – dort war Richer Sportdirektor – gehörten wie Eisbären und Kings zum Imperium der Anschutz-Gruppe. Nach der Abwicklung der Freezers war Richer als Scout für die Kings tätig, vor ein paar Wochen dann wurde er nach Berlin geholt. Sozusagen als Vorhut? Robitaille sagt: „Natürlich ist das eine gute Sache, dass Stéphane so nah an der Mannschaft ist, wir können uns da gut austauschen mit ihm.“

Kings-Berater Mike O’Connell kam zusammen mit Robitaille und Kelly Cheeseman nach Berlin – der Kings- Manager sitzt nun auch im Aufsichtsrat der Eisbären. Und auch O’Connell hat ein enges Verhältnis zu Richer, mit fuchtelnder Handbewegung illustriert er: „Den hatte ich in meiner Trainerzeit schon als Spieler.“ Ja, und überhaupt, man kenne sich blendend hier, sagt Robitaille. Trainer Uwe Krupp kenne er noch aus der NHL und gegen Geschäftsführer Peter John Lee „habe ich früher mal gespielt“. „Wir sprechen eine Sprache“.

Kein Kumpeltreff

Das klingt alles megaharmonisch. Die Eisbären sind allerdings kein lustiger Kumpeltreff von einstigen Eishockeyprofis. Zu kuschelig sollte es bei dem seit ein paar Jahren oft kriselnden Klub aus Berlin nun nicht werden: Es wird sich mit dem neuen Aufsichtsratschef aus Übersee vieles ändern, gravierend wahrscheinlich. Die Berliner Chefs haben durch ihre neuen Chefs aus den USA an Macht verloren, somit womöglich auch an Verantwortung. Denn ab nun müssen nicht nur Geschäftsführer Lee und Sportdirektor Stefan Ustorf für Spielerverpflichtungen und andere Entscheidungen im operativen Geschäft gerade stehen. Zudem ist kaum denkbar, dass sich Robitaille und Kollegen erst einmal als Beobachter zurückhalten.

Dazu kennen sie sich zu gut aus im Geschäft. Und die Geduld der Herren aus Übersee dürfte bei anhaltendem Misserfolg der Berliner Filiale schnell erschöpft sein. Beim ersten Auftritt nach der Inthronisierung Robitailles in Berlin schwang deutlich auch mit, dass nun auch von den hiesigen Mitarbeitern um die Mannschaft herum viel erwartet wird. Aber die Chance für die Eisbären ist groß: Kein anderes Team in der Deutschen Eishockey-Liga ist derart verbunden mit einer Organisation aus der NHL wie die Berliner.

Wenn sie die Infrastruktur die Kings mitnutzen dürfen – sei es nun bei Rehabilitationsmaßnahmen verletzter Spieler oder Trainingslagern für junge Spieler – und vom großen Bruder aus den USA ab und an Verstärkung für die Mannschaft bekommen, dann wird ihnen das sicher mittelfristig helfen. Selbstverständlich impliziert das neue Konstrukt aber auch, dass es im Falle des Misserfolgs weniger Ausreden gibt. Und auch enge Freundschaften dürften dann auf die Probe gestellt werden.

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